Mittwoch, 31. Dezember 2008

Traditionen an Silvester

Zurück in Deutschland. Seit gestern. Heute Nachmittag begebe ich mich auf den Silvesterlauf über 10 km nach Schifferstadt (zwischen Ludwigshafen am Rhein und Speyer). Das ist bei mir seit 2003 jährliche Tradition, wobei ich die Zeit von vor fünf Jahren (43:43 min) auf der Strecke seither nie wieder erreicht habe.

Traditionen gibt es an Silvester ja überhaupt genügend. Im Supermarkt morgens Schlange stehen, Dinner for one anschauen, manche essen auch immer Sauerkraut mit Rippchen (oder war Letzteres an Neujahr?). Gießt etwa einer von den Lesern Blei?

Ich wünsche allen Lesern einen guten Rutsch ins Neue Jahr! Trinkt bitte nicht ganz soviel.

Sonntag, 28. Dezember 2008

Valkyrie


Ich habe mir den Film, der am Weihnachtstag hier in die Kinos kam, heute abend angeschaut.

Fragen wir mal so: Ist es moeglich die Kritik eines Filmes mit Tom Cruise zu schreiben ohne zunaechst darauf eingehen zu muessen, ob Cruise den Film ruiniert oder nicht? Das scheint mir naemlich bei den meisten seiner Filme in den letzten zwei Jahrzehnten Routine gewesen zu sein. Einen Anlass dafuer sehe ich nicht. Tom Cruise ist weder ein ueberragend guter Schauspieler noch ein sonderlich miserabler. Er besitzt weder besondere Ausdrucksstaerke noch zeigt er sich in irgendeiner Rolle hilflos. In guten wie in schlechten Filmen war er zu sehen. Aber mir faellt wirklich kein Film ein, der ernsthaft allein durch ihn missraten waere.

In Deutschland nun ist speziell dieser Film von vornherein der Laecherlichkeit preisgegeben. Denn der Film handelt von den Guten im Dritten Reich, kommt aber aus Hollywood. Das geht nicht. Der Hauptdarsteller ist Mitglied von Scientology und dies haette im vergangenen Jahr beinah dazu ausgereicht, den Produzenten die Drehgenehmigung am Bendlerblock zu verweigern. Denn Scientology ist boese (die Junge Union rief 1996 bereits aus diesem Grunde zum Boykott von Mission Impossible auf). Stauffenberg hingegen, den Cruise in diesem Film spielt, ist Repraesentant des "geheimen Deutschlands", das von "diesem Hitler", von dem es ins Verderben gefuehrt wurde, nie etwas hielt. Eine heilige Figur. Die laesst man sich nicht von inszenieren und erst recht nicht von einem Scientologen verkoerpern.

Aber lassen wir das. Der Film wird von britischen Akzenten dominiert. Ok, das liegt an den britischen Schausielern. Wie beispielsweise Bill Nighy, der General Friedrich Olbricht darstellt. Aber insgesamt wirkt das bei einer amerikanischen Produktion so, wolle man den Film irgendwie europaeisch aussehen lassen, was nun wirklich Stuss waere. Noch viel peinlicher aber ist, als Tom Cruise zu Beginn des Films als Stauffenberg den Brief an seine Frau zunaechst mit amerikanischem Akzent auf Deutsch verliest (der Ruf "Es lebe das heilige Deutschland" bei der Erschiessung am Ende kommt wenigstens auf Englisch).

Fuer Ritter Mertz von Quirnheim hat man mit Christian Berkel einen Deutschen genommen und an der Grenze zur Wolfsschanze taucht nochmal ein bekannter deutscher Darsteller auf, aber ich bin jetzt zu faul zu recherchieren, wer das nochmal war. Sei's drum, denn die machen ihre Sache gut.
Und nicht nur sie, sondern eben auch Tom Cruise. Manchmal ist er etwas uebereifrig und wirkt zu energiegeladen. Insgesamt aber trifft er den Charakter.

Es duerfte nun wirklich jeder (ja, auch in den USA) von vornherein wissen, wie die Geschichte ausgeht. Trotzdem ist der Film ueber den groessten Teil hochspannend. Die bis in alle Einzelheiten gezeigte Durchfuehrung des Attentats und der anschliessende Versuch, die Spitze des Systems zu entmachten, lassen den Zuschauer nicht los. Der Patriotismus der Maenner des 20. Juli wird nicht auf amerikanische Art verzogen oder auf kitschige Art dramatisiert, was mancher Deutsche ja vielleicht von Hollywood erwarten wuerde. Noch ist der Film mit Action ueberfrachtet. Er ist dicht und konzentriert auf das Wesentliche. Auch wird Stauffenberg eben keineswegs ueber das Mass hinaus zum Helden. Freilich blendet er vieles aus von dem, was in Stauffenbergs Kopf und bei einigen seiner Mitstreiter so herumspukte, aber welcher Film ueber Stauffenberg wuerde das nicht? Der stets ueberwerteten Offiziersrevolte 1944 wird "Valkyrie" absolut gerecht.

Samstag, 27. Dezember 2008

Freitag, 26. Dezember 2008

Das Nuller-Jahrzehnt

Weiss eigentlich wer, dass das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts bald zu Ende geht? Das Nuller-Jahrzehnt? Jonah Goldberg fragt sich, wodurch sich dieses Jahrzehnt kulturell eigentlich auszeichnet und hat einen Punkt, wen er meint, dass sich da wohl soviel nicht finden laesst:

Likewise, the 1980s and 1990s felt like real decades, whether you hated them or not. Reagan and Bill Clinton, through force of personality alone, helped give the ’80s and ’90s a coherence.

But it doesn’t feel like we can say the same thing about George W. Bush’s oughts, in no small part because Bush showed neither the interest nor the ability to dominate the culture.

Neither the pro-Bush nor anti-Bush segments of society seemed to control the commanding heights of the popular culture. After 9/11, the Bushian forces seemed to dominate — freedom fries, 24, the Dixie Chicks’ implosion — but that didn’t last long. And, with the exception of a brief counter-Bush surge led by the lefty blogosphere, Jon Stewart and the re-imagined coffeehouse rock version of the Dixie Chicks, the battle for decade dominance has been between a fizzle and a deadlock.The war on terrorism doesn’t define young peoples’ lives, but neither does Bush-hatred. Virtually all of the antiwar or anti-Bush screeds put out by Hollywood over the last year, including Oliver Stone’s latest doggerel, have bombed.

Was die Achtziger waren und als was sie erinnert werden wuerden, darueber war man sich wohl auch schon gegen Ende des Jahres 1988 im klaren. Aber was koennen wir heute ueber die Nuller sagen? Ok, einem faellt zunaechst das World Trade Center ein, weiterhin gehen einem sofort diverse poltische Konflikte und "Krisen" durch den Kopf...aber das sind Ereignisse und Stimmungen, keine irgendwie bestimmte Kultur. "Das war die Zeit, in der wir uns so dauernd so sehr ueber die Politik aus Washington aufregten", wird man sagen (ich werde das gluecklicherweise nie behaupten koennen und bin sehr froh darueber). Und das war es? Ganz schoen trostlose Zeit, nicht?

Chimerica und wirtschaftliche Perspektiven

Der Historiker Niall Ferguson argumentiert in dem Aufsatz "What Chimarica Hath Wrought", dass sich die Vereinigten Staaten von der Krise schneller und besser erholen duerften als ihre Konkurrenten.

Mittwoch, 24. Dezember 2008

Happy Holidays

250 Posts sind auf diesem zehn Monate alten Blog und das Fest der Liebe beginnt. Ich moechte die Gelegenheiten nutzen, um mich bei all den ( zur Zeit noch wenigen) Lesern fuer ihr Interesse und ihre Treue zu bedanken.

In den naechsten beiden Tagen werde ich nun auch offline gehen und hier im zwar nicht eingeschneiten, aber doch inzwischen klirrend kalten Raleigh, North Carolina ein besinnliches Fest feiern.

Frohe Feiertage!

Dienstag, 23. Dezember 2008

Offene Grenzen fuer Islamofaschisten?

Schikora ueber schwarz-gruene "Menschenrechtsbeauftragte" und die Aufnahme von ehemaligen Guantanamo-Haeftlingen:

In einem freien Europa bürgerlich-rechtsstaatlich verfaßter Nationalstaaten würde sich die Debatte darüber, ob (islamo-)faschistisch motivierte Gesetzesbrecher als “politische Verfolgte” vor der Strafverfolgung in ihren Heimatländern bewahrt werden sollten, auf einen politischen Narrensaum beschränken. Unter den gegenwärtigen Bedingungen stellt dieser Narrensaum “Menschenrechtsbeauftragte” nationaler Regierungen.

Schmidt vs. Schmidt

Zum 90. Geburtstag des Altbundeskanzlers

How flexible Presidential Power can be

Der Vizepraesident hat in einem grossen Interview am gestrigen Sonntag wieder in bemerkenswert offener Art seine beaengstigende Auffassung vom Gewicht der Exekutive und der geringfuegigen Bedeutung der uebrigen Gewalten dargelegt. Diese Antworten gab er im Kontext von Fragen der nationalen Sicherheit.

Welche Verachtung die Bush-Cheney-Regierung der Legislative jedoch auch in innenpolitischen Angelegenheiten entgegenbringt, was am Fall des juengst gefassten Entschlusses, den drei grossen Automobilherstellern Notkredite zu gewaehren, exemplarisch studiert werden kann, zeigt der vorzuegliche konservative Kolumnist George F. Will in seiner juengsten Kolumne.

Montag, 22. Dezember 2008

Tana Schanzara (1925-2008)

"Ich steh hier inne Telefonzelle inne Schlueffckes" faellt mir als erstes ein. Oder wie sie in einer Balko-Folge erzaehlt, dass sie vom erpressten Geld ab und zu mal im Rombergpark die Enten gefuettert hat oder beim Kinesen essen gewesen ist. Sie, die an ihrem 83. Geburtstag in einer Bochumer Klinik starb, war fuerwahr ein Original.

Sonntag, 21. Dezember 2008

Cut taxes, Ms. Merkel!

Fuer eine steuerliche Entlastung der Buerger in einem Umfang von 25 Milliarden Euro schon 2009 plaediert Christoph Schmidt vom RWI in Essen in einem Beitrag auf Wirtschaftliche Freiheit, den ihr bitte lesen moeget.

Samstag, 20. Dezember 2008

Was wird aus der GOP? III

Greg Anrig listet zwoelf markante Erkenntnisse verschiedener Konservavtiver aus dem Niedergang der Republikanischen Partei bei den Wahlen 2006 und 2008 auf.
Der liberale Blogger Ezra Klein meint, ihn interessiere eher, was die Republikaner tun wollen, als was sie nicht haetten tun sollen oder kuenftig nicht mehr tun. Brauchen die Konservativen ueberhaupt neue Ideen, um wieder erfolgreich zu sein, fragt er. Nein, sagt er. Schliesslich haetten die Demokraten 2006 und 2008 auch ohne neue Ideen, ohne sich neu zu erfinden, gewonnen. Schluessel zum Erfolg seien die Lage im Irak 2006 und die sich verschlechternde Wirtschaft 2008 gewesen. Den Republikanern bliebe heute nur, auf das politische Versagen der Demokraten zu hoffen.

Das mag zunaechst stimmen. Aus meiner Sicht gibt es aber doch einen Unterschied. Programmatisch mag die Demokratische Partei heute noch die von 1972 sein. Die Republiknaer aber sind nicht mehr die Partei von Ronald Reagan und George H.W. Bush.

Freitag, 19. Dezember 2008

Meine zehn groessten Helden 2008

10. John McCain - weil er sich trotz schlechten Wahlkampfes tapfer schlug
9. Johanna Wokalek - fuer die grandiose Darstellung von Gudrun Ensslin
8. Franz Dinda - bisher bester Darsteller von Peter-Juergen Boock (in "Landshut") und ueberhaupt einer der talentiertesten deutschen Nachwuchsschauspieler, wie er 2008 in mehreren TV-Rollen zeigte
7. Ayaan Hirsi Ali - weil sie einfach eine Heldin ist, auch 2008
6. Christiano Ronaldo - zurecht Fussballer des Jahres
5. Andrew Sullivan - der Blogger im angelsaechischen Raum mit der meisten Ausdauer
4. Ben Bernanke - Hut ab vor seinem Krisenmanagement
3. David Petraeus - hat uns im Irak dem Sieg wesentlich naeher gebracht
2. Barack Obama - er hat die Clintons besiegt, was ich ihm vor einem Jahr nie und nimmer zugetraut haette
1. Michael Phelps - bester Sportler der Gegenwart, wie sich bei der Olympiade 2008 gezeigt hat

Gemeinsam mit den Mullahs

Unglaublich:
Insgesamt 66 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen haben am Donnerstag eine Erklärung gegen die Verfolgung von Homosexuellen unterzeichnet. Die USA verweigerten ihre Unterschrift ebenso wie muslimische Länder.

Macht einen richtig stolz auf seine Regierung, nicht wahr?

Donnerstag, 18. Dezember 2008

Buecher fuer untern Baum

Buecher sind ein beliebtes Geschenk. Obwohl nicht unbedingt fuer jeden. Ein Freund meinte vor einigen Jahren mal, als er auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk fuer seine Freundin war, ganz unschuldig: " Wenn mir einer ein Buch schenkt, dann aergere ich mich immer." Aber lassen wir das. Ich haette zwei Empfehlungen fuer Leser, die noch auf der Suche sind nach einem passenden Buchgeschenk.
Jane Mayer - The Dark Side
Man muesse im Kampf gegen den Terror auf der dunklen Seite operieren, meinte Vizepraesident Cheney, der seine Haltung zu Foltertechniken am vergangenen Wochenende ueberraschend deutlich bekraeftigt hat. Die fuer den New Yorker schreibende Jane Mayer geht in diesem im Sommer erschienenen Buch dieser dunklen Seite des Antiterrorkampfes nach. Es hat seine Schwaechen, insbesondere in Bezug auf Quellenangaben. Aber es ist ein Buch, an dem gerade wir, die wir die noch amtierende Administration in dieser Hinsicht jahrelang verteidigt hatten, leider nicht vorbei kommen. Also solltet ihr einen Blogger oder Nichtblogger kennen, der keine alteuropaeischen Argumentationen vornimmt, der um die Notwendigkeit eines konsequenten Vorgehens gegen den islamisch-fundamentalistisch motivierten Terrorismus weiss, aber immernoch nicht mitbekommen hat, wie dieser war on terror bisher amerikanische Ideale angegriffen hat, legt ihm dieses Buch bitte bitte bitte unter den Weihnachtsbaum (schnell bestellen).

Und jetzt zu was ganz anderem.
Margit Schreiner - Schreibt Thomas Bernhard Frauenliteratur?
Oh ja. Margit Schreiner. Unbedingt. Absolut. Diese Essay-Sammlung war mein groesstes Lesevergnuegen im Jahr 2008. Man kann sich ja fragen, warum Literaten immer haeufiger ueber Literatur schreiben, anstatt Literatur zu produzieren. Die Romanautorin und alleinerziehende Mutter Schreiner stellt sich diese Frage auch. Und weiss keine Antwort, schreibt aber trotzdem hin und wieder ueber Literatur. Und fragt, ob Thomas Bernhard Frauenliteratur und Ingeborg Bachmann Maennerliteratur schreiben. Sie berichtet, wie das so als alleinerziehende Mutter ist, wie ihr Leben als Oesterreicherin in den Neunzigern in Berlin war und von ihren Erfahrungen mit Autorinnen wie Gina Kaus (Die Ehe ist das beste Mittel gegens Heiraten und eine Ehefrau daher sowas wie eine Pockenimpfung), wie haesslich oesterreichische Vororte sind...jaja, all sowas eben. Und schwingt dabei immer so zwischen dem ganz Trivialen und dem Bedeutungsschweren hin und her, dass man beim Lesen sich ganz nachdenklich unterhalten fuehlt. Herrlich.

Die zehn groessten Dummkoepfe 2008

10. John McCain - fuer die Entscheidung, Sarah Palin als VP mit ins Boot zu nehmen und fuer die Entscheidung, seinen Wahlkampf zu unterbrechen
9. Sarah Palin - weil sie der Presse praktisch nicht zur Verfuegung stand und weil sie als erste Vizepraesidentschaftskandidatin politisch weniger informiert war als Paris Hilton
8. Erwin Huber - wegen notorischer Dummheit
7. Hans-Werner Sinn - wegen permanenten Dummgequatsches in diversen Talkshows
6. Peter Sodann - ist nicht wirklich gross, sondern nur ein ordinaerer Prolet, der sich aber mit einigen Aussagen 2008 entsprechend qualifiziert hat
5. Joe Biden - weil er sich selbst fuer weniger qualifiziert als Hillary Clinton hielt
4. Hermann L. Gremliza - weil er in seinem Express falsch zitiert hat
3. OJ Simpson - weil ihn seine Dummheit endlich in den Knast gebracht hat
2. Andrea Ypsilanti - Begruendung eruebrigt sich
1. Hans-Christian Stroebele - fuer den Satz "In der Bundesrepublik sehe ich keine Partei oder Bewegung außerhalb der Grünen, in der ich mehr bewirken könnte gegen imperialistische Kriege und gegen Militäreinsätze mit deutscher Beteiligung.“

Peinlichkeiten

In den letzten Beitraegen waren erneut diverse Schreibfehler und peinliche Konstruktionen zu lesen, bei denen ich mich frage, wie sie mir ueber die Tastatur gegangen sind. Der Autor moege sich schaemen und kuenftig auf groessere Sorgfalt achten. Danke fuers Ueberlesen.

Mittwoch, 17. Dezember 2008

Berlin, Rumaenien und Hamburg

Aus dem lesenswerten Interview mit Wilfried Bos ueber die Abhaengigkeit des Schulerfolges vom sozialen Status der Eltern:


Bos: Wir sind noch bei der Auswertung. Aber wie sich bisher gezeigt hat, ist der Einfluss des Eltern-Status auf den Bildungserfolg der Kinder nirgendwo so groß wie in Berlin, Rumänien und Hamburg - und am geringsten in Bayern.

Am geringsten in Bayern?!?! Color me gobsmacked.

Caroline Kennedy

..soll den Senatssitz von Hillary Clinton uebernehmen. Mir erscheint das als bereits seit einigen Wochen beschlossene Sache. Warum sonst sollte Hillary Clinton sie jetzt in Schutz nehmen und sich fuer sie aussprechen? Kennedy hatte in den Vorwahlen Barack Obama unterstuetzt.

Sorry, State of New York.

Sonntag, 14. Dezember 2008

Gone fishing


Die letzten Tage aufgrund diverser Weihnachtsfeierlichkeiten nicht zum Bloggen gekommen. Morgen fliege ich nach North Carolina, von wo aus ich mich wahrscheinlich ab Dienstag wieder melden werde.

Zwei Wochen Deutschland nicht zu sehen, kein deutsches Fernsehen und Radio ertragen zu müssen, dürfte einmal wieder eine Erholung sein. Und die benötige ich dringend.

Dienstag, 9. Dezember 2008

Gute Nachricht

Es mag ja erschreckend sein, wieviele Stunden Ausschussarbeit, Anhörungen etc. mit so einem Karlsruher Richterspruch mal eben kurz einfach so verpuffen. Da dies nicht das erste Mal war, wie Dirk Niebel richtig feststellt, müssen so manche Parlamentarier, die in der Regierungskoalition sitzen, doch allmählich wahnsinnig werden vor Frust.

Ich selbst habe einen Weg zur Arbeit von genau 100 km (einfach) und gehöre jedenfalls damit zu den Millionen Gewinnern dieser Entscheidung. Beim Verfolgen der Nachrichten hatte ich heute also mal wieder Grund, laut zu jubeln.

Habe ich doch erst am Freitag gesagt: 2008 ist ein gutes Jahr!

Samstag, 6. Dezember 2008

Der Irak am Ende von Bushs Präsidentschaft

Acht positive wichtige Ergebnisse der Präsidentschaft von George W. Bush nennt dessen ehemaliger Redenschreiber David Frum.

Der für mich wichtigste ist der Zweite:

Last week, the Iraqi parliament approved a status-of-forces agreement authorizing the continuing presence of U.S. troops inside Iraq. The Iraq war is ending in political reconciliation within Iraq -- and with hope of an ongoing alliance between Iraq and the United States. Since the 1960s, Iraq has been the most destabilizing state in the Arab world, ruled by a succession of radical anti-western regimes. Bush leaves office with Iraq ready at last to become a more normal country, at peace with itself and its neighbours.

Letzte Woche (Stand 29. November 2008, MPH) verabschiedete das irakische Parlament einen Militärpakt, das die weitere Präsenz der US-amerikanischen Truppen im Irak autorisiert. Der Irak-Krieg endet im Rahmen politischer Aussöhnung innerhalb des Irak - und mit der Hoffnung auf eine dauerhafte Allianz zwischen dem Irak und den Vereinigten Staaten. Seit den 1960er Jahren war der Irak der am meisten destabilisierende Staat in der arabischen Welt, beherrscht von einer Abfolge radikal antiwestlicher Regime. Bush scheidet aus dem Amt in einem Moment, in dem der Irak zumindest dafür bereit ist, ein normales Land zu werden, in Frieden mit sich selbst und seinen Nachbarn.

(mir wurde ja neulich erklärt, ich könne solche Absätze ruhig übersetzen)

Ich wünschte, das würde wahr. Etwas albern fand ich aber all jene seit Jahren für die Intervention im Irak bloggenden Leute, die am 22. November den "Victory Day" im Irak feierten. Der "Irak-Krieg" ist dann und erst dann gewonnen, wenn wir aus dem Irak draußen sind und das Land dann einigermaßen stabil bleibt. Klar, Jungs?

Freitag, 5. Dezember 2008

See ya, baby!


..justice finally found its way! Man, 2008 is a great year!!!!!

Dienstag, 2. Dezember 2008

Reallöhne steigen Jahr für Jahr

Aufgrund der fallenden Preise sollen die Reallöhne 2009 erstmals seit Jahren wieder steigen, sagt das Essener RWI.

Erstmals seit Jahren sollten 2008 die Reallöhne wieder steigen, sagte vor einem Jahr das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung.

Sonntag, 30. November 2008

Hellmuth Meinhof-Friedrich

Über Gremlizas Express stoße ich auf einen unglaublichen Schmarrn, den der Hellmuth Karasek im Abendblatt über Dresden geschrieben hat:

Umso schrecklicher, dass es im Bombenhagel 1945 den Untergang geweiht schien - neben Hiroshima, Warschau und Auschwitz ein apokalyptisches Symbol der Zerstörungswut einer entfesselten Kriegsmaschinerie, in der Deutschen Geschichte nur vergleichbar mit dem Schicksal Magdeburgs im Dreißigjährigen Krieg.

Und derweil debattiert man über Marcel Reich-Ranicki und Elke Heidenreich.

Donnerstag, 27. November 2008

Spirit of Mogadischu

Am kommenden Sonntag (30 November) um 20.15 Uhr sendet die ARD die neue Verfilmung der Landshut-Entführung. Ich muß freilich abermals kundtun, daß mir die zahllosen Dokumentar- und Spielfilme zum Thema RAF/Deutscher Herbst 77 seit geraumer Zeit schon auf die Nerven gehen. Dennoch sei an dies hier zum Anlaß genommen, um darauf hinzuweisen, daß

die Befreiung der Geiseln in Mogadischu durch die GSG9 der erste bewaffnete deutsche Auslandseinsatz seit 1945 war, und daß dieser 32 Jahre nach dem Holocaust dazu diente, antisemitische Terroristen zu killen, wenngleich dies freilich nicht das primäre Motiv von Ben Wisch gewesen sein dürfte.
Von dieser Geschichte sollten deutsche Kommandos auch heute inspiriert sein. Und wirklich ein Grund, "stolz" auf diesen Staat zu sein.

Mittwoch, 26. November 2008

Remember when the Vulcans came to power?

Ezra Klein erinnert bei allem angebrachten Enthusiasmus in Bezug auf Obamas Ernennung von sovielen kompetenten Leuten an eine wichtige Begebenheit der jüngeren Geschichte:


"Isn’t it amazing," asks Krugman, "just how impressive the people being named to key positions in the Obama administration seem? Bye-bye hacks and cronies, hello people who actually know what they’re doing. For a bunch of people who were written off as a permanent minority four years ago, the Democrats look remarkably like the natural governing party these days, with a deep bench of talent." That certainly feels true. But the Bush administration started out with a fairly deep bench. Colin Powell as Secretary of State. Paul O'Neill --a former deputy director of the Office of Management and Budget and a past chairman of the RAND Corporation -- as Secretary of the Treasury. Columbia's Glenn Hubbard as chair of the Council of Economic Advisers. Cheney, Rumsfeld, and Rice providing foreign policy expertise. Indeed, the Bush team was lauded for being such a natural entity of governance: These were figures from the Nixon and Ford and Bush administrations, and they were backed by graybeards like Baker and Scowcroft and Greenspan. What could go wrong?
Quite a bit, as it turned out.


Das ist ohne Einschränkung richtig. Es mag beruhigend wirken, daß in all die Ämter wieder Sachverstand einzieht. Genau dasgleiche konnte man aber vor 8 Jahren auch behaupten.

Dienstag, 25. November 2008

Die Rückkehr von George H. W. Bush


Die Protégés von Brent Scowcroft kommen mehr und mehr in Obamas Team und der alte Republikaner der realistischen Schule von Kissinger Associates bekommt selbst immer mehr Einfluß auf Obamas Außenpolitik. Das setzt allerdings, wie Matt Yglesias gestern richtig hervorhob, der Ernennung von Hillary Clinton zur Außenministerin etwas entgegen, als daß es den konservativ-demokratischen Kurs vertiefen würde.

Andrew Sullivan schrieb einige Zeit vor dem 4. November, die Wahl zwischen Obama und McCain sei in außenpolitischer Hinsicht die Wahl zwischen der ersten (und einzigen) Amtszeit von Bush 41 und der ersten Amtszeit von Bush 43. Daß dies zumindest zur Hälfte richtig war, bestätigt sich jetzt.

Montag, 24. November 2008

Stolz auf gewährte Gnade

Der ehemalige Staatsanwalt Heribert Prantl ist heute stolz auf diesen Rechtsstaat. Sein Kommentar zur Freilassung von Christian Klar erschien heute mittag kurz nach Bekanntgabe der gerichtlichen Anordnung:

Die Richter haben geurteilt wie es sich gehört: Ohne Zorn und Eiferei. Es wird nicht wenige Menschen geben, die für die Freilassung kein Verständnis haben. Es gibt nämlich in der Gesellschaft eine Sucht nach Strafe, die über Recht und Gesetz weit hinaus geht.

Unbestritten. Aber im nächsten Absatz kommt ein recht seltsamer Gedanke:

Aufgabe des Strafjuristen ist daher nicht nur das Einsperren, sondern auch das Aufsperren: Täter müssen eingesperrt, die Öffentlichkeit aber muss aufgesperrt werden für die Gedanken eines aufgeklärten Strafrechts; es achtet die Menschenwürde auch von verurteilten Kriminellen.

Beides ist richtig, wenn man zwischen Ein- und Aufsperren ein klares Auch setzen würde. So aber wie Prantl das formluiert, könnte man das Ein- und Aufsperren analog zueinander verstehen, d.h. der Strafjurist hat mit der von vornherein als unaufgeklärt verstandenen Öffentlichkeit in gleicher Weise zu verfahren wie mit dem Straftäter.

Und schon kommt der Schluß:
Es gibt gute Gründe, auf diesen Staat stolz zu sein. Die Geschichte der kleinen und der großen Gnade für die langjährig inhaftierten Mitglieder der RAF gehört dazu.

Wir können sicher froh sein, in einem der liberalsten Staaten dieser Welt zu leben. Zu diesem gehört das aufgeklärte Strafrecht. Aber warum will er stolz auf die Gnade gegenüber der RAF sein? Stolz, weil das Gericht ein bestehendes Prinzip bestätigt? Was bedeutete denn der umgekehrte Fall, d.h. wenn Christian Klar die Gnade bis an dessen Lebensende verweigern würde?

Sonntag, 23. November 2008

Der rechte Traum von einer neuen Partei

Seit Adenauer der DP den Geldhahn zudrehen ließ, träumt die deutsche Rechte von der "bundesweiten Ausdehnung der CSU" bzw. dem Durchbruch einer Rechtspartei auf Bundesebene. Trotz der unzähligen gescheiterten Versuche, eine nationalkonservative Partei rechts der Union zu etablieren, scheint man nicht aus dieser Geschichte lernen zu wollen. Dieter Stein ärgert sich im Leitartikel der aktuellen JF zum xy-ten Male über das "konservative Vakuum":

Die Integrationskraft der Union hat mit dem jüngsten Wahldesaster der CSU in Bayern weiter deutlich abgenommen. Die konservativen Konturen sind jetzt nur noch mikroskopisch wahrnehmbar. Eigentlich die Stunde für eine frische politische Kraft von rechts – dann würde sich dies auch in Wahlergebnissen niederschlagen
Aufstieg und Fall der Republikaner zeigen aber, daß es fast unmöglich scheint, die Leerstelle im parteipolitischen Spektrum zu füllen. Zu übermächtig sind die Widerstände und die hausgemachten Defizite. Vielleicht ist der Erfolg der weltanschaulich indifferenten Freien Wähler ein Zeichen dafür, daß zunächst der Monopolanspruch der Union auf Vertretung bürgerlicher Wähler gebrochen werden muß, bevor eine konservative Partei die Chance hat, zum Zuge zukommen.


Welche hausgemachten Defizite und welche Widerstände, möchte man fragen. Aufstieg und Fall der Republikaner zeigen vor allem, daß man rechts der Union überhaupt nur mit einem sozialpopulistischen Programm und diesem entsprechenden Hetzparolen punkten kann. Das dürfte auch in der Zukunft punktuell wieder funktionieren.

Immer wieder wird einer "nationalliberalen Kraft" ein Wählerpotential von 15 bis 20% attestiert. Ich halte das schlicht und einfach für Unfug. Ein bisher besonders vielversprechender Versuch, eine seriöse rechtsbrügerliche Formation in die Parlamente zu schicken, war Manfred Brunners im Januar 1994 gegründeter Bund Freier Bürger, in dem sich anfänglich Wissenschaftler wie Joachim Starbatty oder Karl Albrecht Schachtschneider tummelten. Die Opposition zu Helmut Kohls Europapolitik, den Veträgen von Maastricht und Amsterdam waren Kern des Programms. Doch die Partei zog rasch hauptsächlich glühende Antisemiten und Ausländerfeinde an sich, die vieles waren, aber gewiß nicht nationalliberal. Die Zusammenarbeit mit Haider und der FPÖ vergraulte jegliches gute Personal und machte die Partei zu einem Sammelbecken von Esterikern und Spinnern. Spätestens mit dem Beitritt des Psychopathen Heiner Kappel, der zunächst Generalsekretär wurde, driftete die Partei ins etatistische und rechtsextreme Spektrum. Brunner trat nach der für seine Partei katastrophalen Bundestagswahl 1998 (0,2%) aus, Kappel wurde Vorsitzender, aber die Mini-NPD erholte sich von nicht mehr von ihren Schulden und löste sich zum Ende des Jahres 2000 auf.

Ganz genauso erging es in der Geschichte der Bundesrepublik buchstäblich jeder Neugründung. Die Republikaner waren von vornherein sehr sozialdemokratisch. Je erfolgreicher sie waren, umso mehr obskure Personen traten ihr bei. Nachdem der schmierige und Bierzelte begeisternde SS-Mann Schönhuber die Partei verlassen hatte, versuchte der biedere Rolf Schlierer der Partei wieder einen seriösen Anstrich zu geben, was ihre Chancen bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg versenkte. Seriösität war einfach nicht gefragt.

Daß die Union profillos und ideologisch leer ist, steht außer Frage. Da aber das Angebot an sozialdemokratischen Programmen bereits recht hoch ist, besteht auch kein Bedarf an einem weiteren, das lediglich etwas mehr die nationale Schiene fahren würde. Und das ist auch ganz gut so.

Ein belesener Präsident

Der Yale-Historiker John Lewis Gaddis über den scheidenden Präsidenten:

I can only speak for myself here, but something I did not expect was the discovery that he reads more history and talks with more historians than any of his predecessors since at least John F. Kennedy. The President has surprised me more than once with comments on my own books soon after they’ve appeared, and I’m hardly the only historian who has had this experience. I’ve found myself improvising excuses to him, in Oval Office seminars, as to why I hadn’t read the latest book on Lincoln, or on—as Bush refers to him—the “first George W.” I’ve even assigned books to Yale students on his recommendation, with excellent results.

Weiterer Link zum Thema:
Cassandra: Ignorance Is Bliss, Isn't it?

Donnerstag, 20. November 2008

Eric Holder

..ist Barack Obamas bisher dümmste Personalentscheidung. Sie ist genauso töricht wie die Berufung von John Ashcroft durch George W. Bush vor acht Jahren.

Holder mag ein kompetenter Mann sein, aber seine Rolle bei der Begnadigung von Marc Rich durch Präsident William Jefferson Clinton im Januar 2001, die der krönende Abschluß dieser Präsidentschaft war, bietet den Republikanern Angriffsfläche, verwirrt nicht wenige Unabhängige, und dies nicht zu Unrecht. Ausgerechnet der soll nach "acht skandalträchtigen Jahren" die unzähligen Mitarbeiter dieses Riesenministeriums neu motivieren? You gotta be fucking kidding me...

Zu den anderen: Tom Daschle als Gesundheitsminister ist für die Linksdemokraten ein voller Erfolg und war wenig überraschend. Janet Napolitano ist eine auch aus meiner Sicht exzellente auswahl.

Montag, 17. November 2008

Linke Literaturmesse: Kritik an RAF und Mullahs unerwünscht




Wie es um den Pluralismus auf der Deutschen Linken bestellt ist und wo deren Prioritäten liegen, zeigt der Ausschluß des linken Verlages Ca Ira von der "Linken Literaturmesse": Kritik am Mullah-Regime in Teheran ist nicht erwünscht.
Mit einem klaren Beschluß der Mehrheit aller Aussteller endete am Sonntag die 13. Linke Literaturmesse in Nürnberg: Der Verlag »Ça ira« wird künftig ausgeschlossen. Die anderen Verlage wollen es sich und ihrem Publikum nicht länger zumuten, daß auf dem Messestand von »Ça ira« die »antideutsche« Zeitschrift Bahamas ausliegt. Sie empfinden es auch als unverfroren, wie leichtfertig anderen Linken in Veranstaltungen und Publikationen dieses Verlages Antisemitismus vorgeworfen wird. Die Aussage, die RAF sei »der verlängerte Arm der SS« gewesen, sei nach einhelliger Meinung der Höhepunkt der Geschichtsklitterung gewesen. Im Vorfeld der Messe war »Ça ira« darüber hinaus unverhohlene Sympathie für einen Krieg gegen den Iran vorgeworfen worden.


(via Schikora: "Muß eine Linke Buchmesse Khomeini-konform sein?")

Samstag, 15. November 2008

US-Außenministerin Hillary Clinton?


Wie in meinem vorletzten Beitrag zu lesen ist, favorisiere ich Hillary Clinton als neue Außenministerin der USA. Seit gestern sieht es danach aus, daß sie es werden könnte.

Ja, ich hasse die Clintons. Sie sind das skrupelloseste Politduo, das die politische Klasse in den USA zu bieten hat. Warum ich Obamas Angebot dennoch für intelligent und richtig halte?

Weil sie mehr Kompetenz besitzt als Bill Richardson oder John Kerry, soviel Französisch Letzterer auch sprechen mag.

Weil sie als Eiserne Lady den richtigen Ton auf der internationalen Bühne treffen würde.

Vor allem weil sie als Mitglied im Kabinett die geringste Gefahr für die Präsidentschaft Obamas darstellt. bleibt sie im Senat, würden ihr Mann und sie sehr bald schon, Obama angreifen, wo sie nur können. Obama sollte sie auf jeden Fall in die Regierung holen.

Freitag, 14. November 2008

Notizen



Ein paar wenige Novembernotizen zwischen durch:


Proaktiv und energiegeladen: Matthias Rüb, der in der "Zeitung für Deutschland" den im Vergleich zu den meisten seiner Kollegen nüchterneren Blick auf die US-amerikanische Politik wirft, erklärt den klugen Köpfen heute das zweite Mal, daß George W. Bush 112 Jahre alt werden müsste, um nach eigener Prognose den Moment erleben zu dürfen, in dem ein gerechtes Urteil über sein Vermächtnis gefällt werden kann.
Lesenswerter ist Rübs Beitrag Republikanisches Augenlicht: Dort zitiert er eine der nach meiner Überzeugung ganz wenigen Hoffnungen der GOP, Tim Pawlenty:
"Wir können keine Mehrheits- und Regierungspartei sein, wenn wir an der
Westküste nicht wettbewerbsfähig sind, wenn wir die Staaten an den Großen Seen
verlieren und wenn die Demokraten jetzt sogar einige Staaten im Westen
gewinnen“, sagte Pawlenty und fuhr fort: „Wir haben Defizite bei weiblichen
Wählern, bei Latinos, bei Schwarzen und bei Wählern mit geringem
Einkommen.“
Mark Lilla veröffentlichte vor einigen Tagen einen Text zum Abstieg der konservativen Intellektuellen in den USA. Ein Lesemuß für jeden, der sich ein ganz klein bißchen für dieses Thema interessiert.
Power of Will mag auf die Entwicklung der Republikaner keinen Einfluß haben. Aber die Frage der Ausrichtung der GOP neben der Frage, wie die Präsidentschaft Obama zu bewerten sein wird, die interessanteste der amerikanischen Politik der kommenden Jahre. Deshalb werde ich diese Entwicklung so detailliert wie möglich weiterverfolgen und kommentieren.
Zur Wirtschaft: Deutschland steckt, wie wir seit gestern wissen, in der Rezession. Die ganze Euro-Zone steckt dort. Zur Lage in den USA schreibt Paul Krugman:

The economic news, in case you haven’t noticed, keeps getting worse. Bad as
it is, however, I don’t expect another Great Depression. In fact, we probably
won’t see the unemployment rate match its post-Depression peak of 10.7 percent,
reached in 1982 (although I wish I was sure about that).

Wer würde das nicht hoffen? 8,5% Arbeitslosenquote werden derzeit für das kommende Jahr in den USA erwartet. Das wäre, was die Wirklung solcher Zahlen betrifft, in etwa so wie eine Quote von 12 % hierzulande.
Daniel Gross erklärt derweil, warum man, so schwer das auch fallen mag, die Autobauer GM, Ford und Chrysler nicht krepieren lassen sollte. In Deutschland bittet Opel um Spritzen.
Nachdem nun einige bereits die "Autobiography of an Ex-White Man"von Walter Benn Michaels in der aktuellen Bahamas als den besten Beitrag aus diesem Heft eifrig verlinkt haben, und ich nach der Lektüre nun zustimmen kann, will ich mich anschließen: Warum Rasse keine gesellschaftliche Konstruktion ist

Zum Abschluß eine Bemerkung zum Streit Bahamas vs konkret: Justus Wertmüller hat recht. Wer da nicht mir übereinstimmt, hat das nicht.

Donnerstag, 13. November 2008

Obamas Kabinett

Die New York Times läßt uns Obamas Team zusammenstellen. Meine Auswahl:

Defense Secretary - Robert M. Gates
Secretary of State - Hillary Rodham Clinton
Homeland Security - Janet Napolitano
Attorney General - Deval Patrick
Treasury Secretary - Lawrence H. Summers

Ich hoffe sehr, daß Gates Verteidigungsminister bleibt. Der Rest ist zweitrangig.

Dienstag, 11. November 2008

Die Neudefinition der Demokratischen Partei

George Packer mit einem Essay zur neuen Ära:

Barack Obama’s decisive defeat of John McCain is the most important victory
of a Democratic candidate since 1932. It brings to a close another conservative
era, one that rose amid the ashes of the New Deal coalition in the late sixties,
consolidated its power with the election of Ronald Reagan, in 1980, and
immolated itself during the Presidency of George W. Bush. Obama will enter the
White House at a moment of economic crisis worse than anything the nation has
seen since the Great Depression; the old assumptions of free-market
fundamentalism have, like a charlatan’s incantations, failed to work, and the
need for some “new machinery” is painfully obvious. But what philosophy of
government will characterize it?
The answer was given three days before the
election by a soldier and memoirist of the Reagan revolution, Peggy Noonan, who
wrote in the Wall Street Journal, “Something new is happening in America. It is
the imminent arrival of a new liberal moment.”

Lest den ganzen Text!

Montag, 10. November 2008

Künftig Enttäuschungen ausgeschlossen

Wie ist die Stimmung?
Viele Bürger auf beiden Seiten des Atlantiks beschreiben sich als erleichtert. Manche sind ethusiastisch, aber so richtig traurig ist niemand. Zu diesem Gefühl der Freude mag bei manchen, insbesondere bei denen, die noch bis zum Wahlabend skeptisch waren, die Verwunderung darüber hinzutreten, wie dasselbe auf einmal wieder bewundernswerte Land, das heute entschieden (mit sechs Punkten Vorsprung) einen so coolen, charismatischen, sympathischen, gutaussehenden und intelligenten Kandidaten wählte, vor nur vier Jahren so entschieden (mit zwei Punkten Vorsprung gegenüber einem allerdings unvergleichlich trüberen Kandidaten) in die andere Richtung wählen konnte. Vor vier Jahren machte sich in Deutschland Betroffenheit breit, während in den USA sich tiefe Depression und helle Begeisterung unversöhnlich gegenüberstanden.
Seit Jahresbeginn wird gebetsmühlenhaft von Amerika-"Kennern" darauf hingewiesen, daß ein Präsident Obama amerikanische Interessen vertreten werde (als ob es dazu eine Alternative gäbe) und daß man als Europäer seine Erwartungen gering halten möge. Wovor warnen die wirklich?

Bettina Gaus sagte gestern im Presseclub, bei dem Jubel in Deutschland für den Gewählten sei es klar, daß hier Mißverständnisse vorliegten, da 85 % der Deutschen politisch einfach nicht einer Meinung seien. Würde Frau Gaus auch unterschreiben, daß dann auch bei 85 % der Deutschen in Bezug auf George W. Bush Mißverständnisse vorliegen müssen?

Im Popperianer-Spektrum um die Freunde der offenen Gesellschaft hat man vor der Wahl betont, wie gelassen man dem Wahlsieg entgegenschaue. Wie sehr sich doch bei den Obama-Begeisterten noch Ernüchterung breitmachen werde. Und seit der Wahl freut man sich, weil westliche Werte, die in der Welt in Zukunft mit gleicher Vehemenz verteidigt würden wie in der Vergangenheit, zu größerer Popularität gelangten.

Wolfgang Pohrt schrieb in den 80er Jahren, die Annahme, der Antiamerikanismus der deutschen Linken beginne bei der Präsidentschaft Ronald Reagans sei eine Legende, eigentlicher Auslöser für das Heraufziehen USA-feindlicher Stimmungen sei Jimmy Carter gewesen. Ihm konnten die Deutschen, die Linke mehr noch als die Rechte, seine Führungsschwäche nicht verzeihen. Ihr Wunsch nach Autorität, nach einer führenden Leuchtfigur ließ sie in dem Ärger darüber, daß die Amerikaner einen Deppen (dessen Vorgänger Gerald Ford ähnlich enttäuscht haben dürfte) zum "mächtigsten Mann der Welt" gewählt hatten.

Auch in den letzten acht Jahren machte die Form des amerikanischen Regierens in der passenden medialen Vermittlung den Kleinbürger zornig. Und mehr noch die Person als der Regierungsstil.

Es ist keineswegs so, daß nun Enttäuschungen vorprogrammiert wären. So wie in der Bush-Ära jeder Schritt des Präsidenten nach vorne, nach rechts, links, hinten und das Stehenbleiben auf der Stelle einfach falsch sein mussten, so wird in Zukunft jeder Schritt, den Präsident Obama macht, richtig sein.

Brüche des internationalen Rechts werden als solche nicht wahrgenommen werden können. Bombardierungen von Zivilbevölkerungen wird das Bewußtsein verdrängen und gewiß nicht als Verbrechen erinnert werden. In Deutschland läßt sich in Gesprächen leicht die Erfahrung machen, daß der Kosovo-Krieg 1999, der den eigentlichen Bruch mit der internationalen Rechtsordnung darstellte, an Leuten, die damals zur politischen Beobachtung alt genug waren, "vorbei gegangen ist" oder sie wie selbstverständlich davon ausgehen, daß es dafür ein UN-Mandat gegeben habe. Die meisten haben nie vom "Hufeisenplan" gehört und den wenigsten ist überhaupt noch in Erinnerung, wer damals deutscher Verteidigungsminister war, welche Rolle er dabei spielte, und erst recht nicht, wer in den USA das Verteidigungsministerium innehatte.

Unter dem allgegenwärtigen Eindruck einer "netten" und kompetenten Führung gerät jede noch so einschneidende politische Entscheidung zur "feinen Sache" (so ein beliebter Ausdruck in meinem Freundeskreis). Mußte man in den vergangenen Jahren seine Vorbehalte gegen die westliche Zivilisation letzten Endes offen zur Schau stellen, verschwinden diese künftig hinter der Gleichgültigkeit gegenüber der Differenz zwischen den zivilisatorischen Errungenschaften des Westens und dem alteuropäischen Konsensprinzip. Die "Amis" bleiben freilich zu belächelnde Weltpolizei, hybride Leichtsinnige, die sich in die eigene Scheiße reiten, religiöse Spinner und fettleibige Ungebildete. Gleichzeitig vermischen sich Faszination und Abstoßung und das Bedürfnis, die eigenen antiamerikanischen Ressentiments unverhohlen zu artikulieren, läßt nach.

Im Unterschied aber zu denen, die nicht enttäuscht werden können, war es in den letzten Jahren für jemanden, der die noch amtierende Regierung wählte und unterstützte, leicht, enttäuscht zu werden. Im Vertrauen darauf, daß die neue Regierung wieder näher zur rule of law regieren und Kompetenz nicht vermissen lassen wird, macht es seit vergangenen Mittwoch mir, der Obama ideologisch in vielerlei Hinsicht fernsteht, wieder mehr Freude, amerikaner zu sein.

Samstag, 8. November 2008

Liberal Fascism

In der neuen Ausgabe der Bahamas erklärt Uli Krug in "Der nächste Carter", warum es Barack Obama, der in der Tradition der unsäglichen und wirklich europäischen Geistesgeschichte der US-amerikanischen Linksdemokraten stehe, nicht gelingen werde, die USA zur europäischen Provinz umzubauen. Dazu ein paar Anmerkungen:

Mag Power of Will am Wahltag mit dem Ruf "Go Barry Go" sich auch den Massen angeschlossen haben, die den neuen Mann sehsüchtig erwarteten, leicht gefallen ist mir die Entscheidung dazu nicht. In Krugs Text fällt der Name von Obamas Gegenspieler und dessen Stellvertreterin kein einziges Mal. Ihnen muß sich Krug auch nicht widmen, da seine Analyse allein der Ideologie eines bestimmten Flügels der Demokratischen Partei im Kontext der gegenwärtigen Krise einerseits und insbesondere der europäischen Obamanie andererseits gilt. Dabei wird jedoch ausgeblendet, warum für viele, z.B. eben für jemanden wie mich, der seit 1996 ausschließlich die Kandidaten der Republikanischen Partei unterstützt und gewählt hatte, in diesem Jahr die Stimme für den von europäischen Israelfeinden umjubelten Mann mit den Segelohren nötig geworden war: John McCain, dem ich bis Ende August ohne große Hoffnungen die Daumen drückte, hatte mit der Berufung von Sarah Palin die irrsinnigste Personalentscheidung getroffen, seit der römische Kaiser Caligula sein Pferd zum Konsul ernannte, und sich damit als für das Amt des Präsidenten ungeeignet erwiesen. Dies war für uns, die wir John McCain immer als starken Charakter schätzten und ihn 2000 schon gerne in der Rolle des Republikanischen Präsidentschaftskandidaten gesehen hätten, eine große Enttäuschung, die aber das (vielleicht vorläufige) Ende einer Reihe von ernüchternden Umständen war.

Zwar bestätigte Obama Krug in der Wahlnacht in der Passage seiner insgesamt sehr bewegenden Rede, in der er einen gräßlichen Antiindividualismus hervorkehrte ("...from the rich and the poor.."), zwar ist seine Prägung durch den Black-Panther-Antisemiten Wright nicht zu leugnen, wobei sich McCain leider in die Nähe von nicht weniger unsympathischen Predigern befand; zwar ist seine Umgebung mit so eindeutig antiisraelischen Leuten wie Robert Malley, auf den ich schon im März in dem Beitrag "Barry Dunham und Israel" verwies, als ich dieses Blog gerade erst begann, sowie dem notorischen Zbigiew Brzezinski gefüllt; zwar mag Obama in der Rede an der Berliner Siegessäule und bei endlichen Auftritten europäischen Werten wie Antisemitismus, Ökologismus und Zivilisationsfeindschaft Auftrieb verleihen. Und dennoch kann ich in Barack Obama nicht den Mustereuropäer erkennen, den Uli Krug und viele andere vor Augen haben. Im Gegenteil ist er keinen Milimeter weniger amerikanisch als sein von mir persönlich nach wie vor sehr geschätzter Amtsvorgänger. Denn er befriedigt bei den Amerikanern keine deutschen Sehnsüchte nach dem starken Mann, sondern stützt bei ihnen allenfalls den Glauben an sich selbst und an sein Land und damit auch den Willen, von staatlichen Zugriffen verschont, sein Leben selbst in der Hand zu behalten. Denn seine Biographie ist eine Verkörperung des amerikanischen Traumes und ein Grund auch und gerade für amerikanische Konservative, stolz zu sein auf ihr Land in der Gewißheit, daß so eine Karriere einzig und allein in den Vereinigten Staaten möglich ist. Denn seine Wahl ist die Widerlegung eines klassischen deutschen Ressentiments.
Weder Lyndon B. Johnson noch Jimmy Carter noch Bill Clinton gelang es je, Israel fallen zu lassen. Obamas Israelpolitik wird aber im schlimmsten Falle an der des Präsidenten George H.W. Bush und seines Außenministers James Baker anknüpfen. Das ist eine gewiß sehr unschöne Situation, die aber von einer solchen, wie sie von den antiisraelischen scharfmachern gewünscht wird, Lichtjahre entfernt ist.

Ins Grübeln bringt mich jedoch Krugs Hinweis auf eine Studie von Jonah Goldberg: Liberal Fascism. The Secret History of the American Left from Mussolini to the Politics of Meaning. Kein Geheimnis ist, daß es in Krisenzeiten Verführern gelingt, die Massen zu mobilisieren, staatliche Regulationen nach europäischem Muster duchzusetzen. Auch bekannt dürfte den meisten Lesern dieses blogs sein, daß die Häuserkrise in den Clinton-Jahren vorbereitet wurde, in dem die massenhafte Kreditvergabe zum Häuserkauf, weil sie politisch intendiert war, entsprechend subventioniert wurde. Daß diese Politik aber bereits 1977 unter Carter mit dem Community Reinvestment Act einen Erfolg feierte, der Banken dazu verpflichtete, "Hausbau-Kredite nach sozialen und Kommunitätsbau-Kriterien zu vergeben", ist mir allerdings neu. Barack Obama ist nun dem Milieu, das hinter dieser Politik (und damit teilweise auch hinter der Krise) stand und steht mindestens ebenso verbunden wie die Clintons.

Ich sehe weder in Barack Obama heilserwartend eine Demokraten-Version von Ronald Reagan und in George W. Bush eine Republikaner-Ausgabe von Jimmy Carter noch kann ich im gewählten 44. (eigentlich 43.) Präsidenten einen neuen Carter ausmachen. Aber diese Wahl 2008 hat den Charakter einer Transformation. Ähnlich wie die Präsidentschaftswahlen 1992, 1980 und 1968. Obamas Präsidentschaft wird sich weniger auf Ideologie stützen als auf Pragmatismus, was die Personalentscheidung für seinen Stabschef deutlich zeigt.
Mit Krug stimme ich in seinem Fazit überein, daß der Widerwille der Amerikaner gegen den Interventionsstaat stark genug ist, um europäischen Vorstellungen vom Wohlfahtsstaat nie relevant werden zu lassen. Daß Obamas erste Amtsperiode aber auch seine letzte sein würde, setzte voraus, daß es zu ihm eine klare und starke Alternative gäbe. Das ist eben nicht der Fall, was Krugs zweiseitiger Text vollständig ausblendet. Wenn, was zu wünschen ist, die US-Wirtschaft 2012 stabil ist, wird Obama auch wiedergewählt. Und mit einem Bobby Jindal werden die Republikaner auch dann nicht viel besser fahren.

of course, things can change..

Dienstag, 4. November 2008

Go Barry Go!

Heute wird Barack Obama als erster Demokrat seit Jimmy Carter 1976 mit mehr als 50% der Stimmen gewählt und als solcher der erste afro-amerikanische Präsident. Es wird ein historischer Tag. Ein Tag, den wir in Erinnerung immer behalten werde. Und deshalb sage auch ich heute, und das will was heißen: Go Barry Go!

Montag, 3. November 2008

Bilanzen


Obwohl das Lieblingsfeindbild aller Vollidioten immernoch mehr als zwei Monate regiert, überbieten sich gegenseitig die Bush-Basher bereits zur morgigen Wahl in ihren finalen "Abrechnungen" mit dem Mann, an dem sich alle Welt seit seinem Amtsantritt am 20.01.2001 abreagiert. Von Frank Schirrmachers Geschwurbel in der FAZ über besonders scharfsinnige Analysen im Handelsblatt bis zu den substanzlosen Titel-Stories bei Spiegel und Stern, kommentiert von Paul13 hier.
Ein paar anderslautende Stimmen gibt es aber dann doch, vor allem im Hinblick auf die- was auch sonst - Außenpolitik.
Richard Herzinger veröffentlichte gestern einen Artikel, in dem er sich von "zumindest" und"immerhin" zu "dennoch" quält, um das Positive zu sehen:

Als zentraler Garant einer Sicherheitsarchitektur sind die USA im Nahen Osten weniger denn je wegzudenken. Aber auch in anderen Weltteilen haben sie ihren strategischen Einfluss ausbauen können. Überschattet von der Finanzkrise blieben zwei davon in den vergangenen Wochen weitgehend unbeachtet. Die atomare Zusammenarbeit zwischen den USA und Indien wurde besiegelt. Und Nordkorea fährt im Gegenzug zur jüngst erfolgten Streichung des Landes von der US-Liste der den Terrorismus unterstützenden Staaten sein Atomprogramm herunter. Ersteres Ereignis ist historisch: Der frühere Gegner Indien wird für die USA zum engen Partner, die bisher "wilde" Atommacht Indien unterwirft sich dem Regelwerk, das für die "legalen" Atommächte bereits gilt. Der Deal mit Nordkorea hingegen ist brüchig und nicht unumstritten: Ob das unzurechnungsfähige Regime in Pjöngjang seine Zusagen halten wird und die Vorleistungen der US-Regierung nicht zu weit gehen, bleibt offen. Doch der Vorwurf, Bush sei gegenüber einem Schurkenstaat zu weich, ist immerhin eine neue Variante des George-W.-Bashings.

Jörn Schulz konzentriert sich in der aktuellen Ausgabe der Jungle World auf das klägliche Scheitern der Linken in ihrem Verhältnis zum 43. (eigentlich 42.) Präsidenten:

Wer braucht schon linke Friedenskämpfer, wenn sie nichts anderes zu sagen haben als kriegskritische konservative US-Offiziere wie William Lind, der ebenfalls von »Terrorbombardements« spricht und den sofortigen Rückzug emp­fiehlt? In den USA ist der Mainstream der Friedensbewegung von den rechten Isolationisten kaum zu unterscheiden. So kann Lind im linken Magazin Counter­punch publizieren, ohne dass dies sonderlich auffällt.

Und Thomas von Osten-Sacken hebt heute die historische Zwangsläufigkeit des Implodierens gescheiterter Staaten, wie es der Irak unter Saddam Hussein gewesen ist, hervor:

Was künftig droht ist schließlich nicht nur die Weiterexistenz brutaler Diktaturen, sondern neben der iranischen Atombombe, der sukzessive Zerfall von Staaten und Gesellschaften, deren einziger Zusammenhalt noch auf Angst vor dem staatlichen Repressionsapparat, Abhängigkeit von der Ölrente und religiöser bzw. ideologischer Verblendung besteht. In Ländern, in denen durchschnittlich über 60% unter 23 Jahre alt sind, das Bildungswesen marode und Ökonomien trotz hoher Ölpreise schrumpfen, dürfte dies nur eine Frage der Zeit sein.

Abschließend sei, etwas aus dem Zusammenhang heraus, auf die Rede verwiesen, die Präsident Bush 43 heute halten könnte.

Sonntag, 2. November 2008

Was Amerikas "Intellektuelle" im Falle eines McCain-Sieges machen

Amerika, ick schäme mir
Im Falle eines Wahlsieges von John McCain müßte allerdings wohl selbst ich erstmal Tabletten nehmen. Ganz abgesehen von den Folgen ab Januar: Die Anhänger der Demokraten würden diesmal wirklich durchdrehen.
Derweil werden in jedem Fall über den Dienstag hinaus einige offene Fragen bleiben.

Arier für Obama

Rocky Suhayda, Vorsitzender der American Nazi Party, bevorzugt Obama.

Samstag, 1. November 2008

Mein Tip für den Dienstag

Aus Lust und Laune wage ich mal einen Tip für den Ausgang der US-Wahl am Dienstag

Popular Vote

Barack Obama (D) 51,0%
John McCain (R) 47,6%
Bob Barr (L)1,4%

Wahlmänner

McCain gewinnt von den Swing States alleine Florida, North Dakota, Montana, Georgia und Arizona, Obama gewinnt North Carolina, Virginia, Ohio, Missouri, Colorado, Nevada, New Mexico, Pennsylvania, Indiana. Das ergäbe nach meiner Rechnung folgende Wahlmännerverteilung:

Obama-Biden 348
McCain - Palin 190

So......
Lesenswert ist heute auch in Zettels Raum: Barack Obama wird am Dienstag deutlich gewinnen

Recht, Verfassung und die Zehn Gebote

Nachdem die nationalkonservative Junge Freiheit vor zwei Wochen einen Brief des Antisemiten Pat Buchanan an Sarah Palin veröffentlichte, interviewt Kristof Berking in der aktuellen Ausgabe den Paläokonservativen John F. McManus von der John Birch Society:

Ich glaube, der Fehler ist bei den Kirchen zu suchen; sie sollten dazu
zurückkehren, die Zehn Gebote zu predigen, statt sich zu Fürsprechern und
Einpeitschern aller möglichen sozialistischen Programme zu machen. Unser
Standpunkt lautet daher so: Wir glauben, daß die Regierung durch das Recht
beschränkt sein soll – und das Recht ist die Verfassung – und daß die Individuen
begrenzt sein sollten durch einen selbst gewählten moralischen Kodex, wie die
Zehn Gebote. Aber selbst die Zehn Gebote stehen ja unter Beschuß unserer
Regierung.

So sehr auch ich mir Politiker wünsche, die wieder die amerikanische Verfassung in Ehren halten, genauso hoffe ich, daß der Einfluß von Leuten wie McManus begrenzt bleibt.

Bürgerinnen und Bürger

Gestern auf einer Konferenz gewesen, bei der der Firmenchef niedrig geschätzt fünfundzwanzig mal von seinen "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter(n)" redete. Man sagt ja auch "Wählerinnen und Wähler", "Bürgerinnen und Bürger".
Warum dann heißt es aber nicht "Oberbürgerinnen- und bürgermeister"? Ist zwar nur ein indirekter Bezug, aber immerhin einer.

Freitag, 31. Oktober 2008

Wenn aber eines Tages..

Stefan Frank in der Juni-Ausgabe 2002 der Zeitschrift konkret:

"Wird es bald auch in den USA Fernsehbilder weinender Bankdirektoren geben,wie
in den neunziger Jahren in Japan? Ein starker Abschwung am Immobilienmarkt wäre besonders peinlich für die beiden größten Baufinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac. Sie waren sehr kulant und haben viel mehr verliehen, als sie besitzen,
schließlich haben sie ja die Häuser als Sicherheit. Wenn aber Häuser eines Tages
total out sind, müssen sie denLaden schließen. Da es um ein paar Billionen
Dollar geht, die in einem solchen Fall verschwinden können, wird sich schnell
große Panik ausbreiten."

Montag, 27. Oktober 2008

Was wird aus der GOP? Teil 2

Die aktuelle Krise der GOP sahen manche schon vor zehn Jahren kommen:

Christopher Caldwell im Juni 1998:

The Republicans' biggest problem is not their ideology but their lack of one. Stigmatized as rightists, behaving like leftists, and ultimately standing for
nothing, they're in the worst of all possible worlds.

(Hervorhebung von mir, Mark P. Haverkamp; via Andrew Sullivan)

Kommentar: Freilich zerfiel die Partei immer schon mit Libertären und Sozialkonservativen, Interventionisten und Isolationisten usw. in gegensätzliche Weltanschauungen vertretende Fraktionen. Aber die Partei als Ganzheit ist heute inhaltlich leer. Das Problem stellt sich von diesem Punkt auch für die Zukunft: Während Einigkeit innerhalb der GOP darüber besteht, daß Reformen und eine Erneuerung der Agenda notwendig sind, besteht alles andere als Einigkeit darüber, wohin die Reise gehen soll.

Samstag, 25. Oktober 2008

Was wird aus der GOP?

Die Republikanische Partei wird am 4. November mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Weiße Haus verlieren, ihre Minderheit im Senat könnte auf 40 Sitze schrumpfen, und im Repräsentantenhaus wird sie aller Voraussicht nach zahlreiche weitere Sitze verlieren.

Zu den gängigen Fehlschlüssen aus diesem unmittelbar drohenden Szenario gehört die Annahme, die Krise der GOP habe ausschließlich ihre Ursache in der historisch niedrigen Popularität des Präsidenten (die Zustimmungsraten bewegen sich zwischen 20 und 25%) und der insgesamt gescheiterten Präsidentschaft. In Wahrheit wird die Partei in der nahen Zukunft mit viel tiefgreifenderen Problemen zu kämpfen haben.

Die offensichtlich von der Merheit der amerikanischen Wähler als verheerend bewertete Bilanz der Bush-Administration ist vielmehr eine Ursache für die Stärke der Demokraten als für die Schwäche der Republikaner. Hätte vor vier Jahren John Kerry, der weder die Basis seiner Partei noch die Medien besonders beeindruckte, im Gegenteil selbst eher unpoplär war, die Präsidentschaftswahlen gewonnen, würde dieser jetzt um seine Wiederwahl kämpfen, und gleichgültig, wer für die GOP kandidierte, gelte die Wahl 2008 als weitaus weniger historisch, würde der Wähler von den Demokraten kaum wirkliche Veränderung erwarten können. Möglicherweise gelänge es dem "maverick" John McCain viel eher, sich als der richtige Adressat für den Ruf nach "Change" zu verkaufen. Auch unter der Annahme eines Wahlsieges von Al Gore vor acht Jahren könnten wir relativ sicher davon ausgehen, daß die Demokraten heute erstens einen anderen Präsidentschaftskandidaten stellen und zweitens prinzipiell geringere Wahlchancen hätten. Das Phänomen Barack Obama und die Begeisterung für ihn sind selbst ein Produkt der Ära Bush.

Widmen wir uns nun der Schwäche der Republikanischen Partei, die nicht nur abhängig ist von der Stärke der Demokraten, für die diese wiederum wenig können. Was sind die Ursachen? Erstens ziehen, wie ich vor fünf Monaten hier bereits geschrieben habe, ihre traditionellen Themen nicht mehr. Die Wahlen der letzten Jahrzehnte wurden grob gesagt mit Antikommunismus, small government und Kulturkampf gewonnen. Der Antikommunismus wurde nach 1990 obsolet. Small Government blieb vermutlich immer schon eher eine Illusion, wurde aber spätestens in den Bush-Cheney-Jahren auch philosophisch durch big government ersetzt. Da die Etablierung des mittlerweile größten Staatsapparates aller Zeiten bei gleichzeitiger Rekordverschuldung allerings nicht nur nach acht Jahren Bush, sondern eben auch nach zwölf Jahren Republikanischer Kongreßmehrheit bis Ende 2006 geschah, dürfte die GOP auch in den kommenden Jahren mit dem Versprechen von small government wenig glaubwürdig sein. Das ist als ein Kernproblem einzustufen. Denn der Glaube, daß "government" so wenig wie möglich für den Bürger erledigen, ihn nicht bevormunden soll, war ein Republikanisches Urprinzip. Die Verletzung dieses Prinzips, die keineswegs allein auf Bush-Cheney zurückzuführen ist, wird der Partei noch in einigen Jahren zu schaffen machen.
Übrig bleibt der Kulturkampf, das Hochhalten von traditionellen Werten wie Familie, Religion und Waffen, das entscheidend für die Republican Revolution 1994 und einer von mehreren ausschlaggebenden Faktoren für den Wahlsieg 2004 gewesen war. In bestimmten Regionen lassen sich damit auch in Zukunft Stimmen holen, aber die kulturelle Hegemonie der Rechten bröckelt zusehends. Und Religion und Spiritualität werden von Barack Obama, der auch mit der Betrachtung von Abtreibung als moralischem Thema sich von früheren Kandidaten absetzt, medial viel besser in Szene gesetzt als von George W. Bush.

Zweitens hat der Schmutzwahlkampf, die Beschreibung des Gegners als europäisch, arabisch/muslimisch, weich, elitär, abgehoben, als Wahlkampfinstrument, wie es von Karl Rove bei vergangenen Wahlen erfolgreich eingesetzt wurde, nicht nur an Schlagkraft verloren, sondern die Republikanische Marke mit ruiniert, moderate Republikaner und Unabhängige vergrault (möglicherweise hat John McCain seine Chancen genau an dem Tag verspielt, als er seinen Wahlkampf dem Rove-Protegee Steve Schmidt überantwortete).

Was bedeutet das befürchtete Szenario am 4. November praktisch? Da die Republikaner vornehmlich im Westen, im Mittleren Westen und im Nordosten Sitze verlieren werden, wird die verbleibende Fraktion im Kongreß mehr noch aus südlich geprägten Konservativen der christlichen Rechten bestehen, d.h. auf gemäßigte Konservative und Unabhängige noch weniger anziehend sein. Die Wahrscheinlichkeit, daß die Republikaner 2010 die Mehrheit im Kongreß zurückerobern oder gar ein ähnlicher Richtungswechsel wie 1994 geschieht, sind annäherungsweise null.

Fazit: Die Demokraten dürften in den nächsten vier, acht oder zwölf oder mehr Jahren triumphieren ohne selbst überwältigende neue Konzepte entwickelt zu haben. Die inhaltliche Leere, das intellektuelle Vakuum innerhalb der Republikanischen Partei sowie der Verrat von konservativen Prinzipien stürzt die Partei in eine lange Krise. Was tun?

Matt Moon argumentiert, zunächst müsse der nostalgische Blick auf Ronald Reagan überwunden werden. Das ist auch nach meiner Auffassung ein Schritt in die richtige Richtung. Denn dahinter steht auch die (simple) Erkenntnis, daß die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht mit den Rezepten aus den 80ern bewältigt werden können.

Die Debatte möge fortgesetzt werden....

Wassup 2008

Freitag, 24. Oktober 2008

Vorkämpfer gegen Antisemitismus verzweifelt gesucht

Mit den Krawallantisemiten aus der SED-Nachfolgepartei "Die Linke" will die Unionsfraktion keine gemeinsame Erklärung gegen Antisemitismus abgeben:

"Mit den Linken machen wir mit Sicherheit keinen Antrag gegen Antisemitismus", sagte der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Hans-Peter Uhl, der Süddeutschen Zeitung . "Es gibt in der Linkspartei eindeutig antisemitische Tendenzen", fügte er hinzu.
"Wir halten es für Heuchelei, wenn sich die Linke als Vorkämpfer gegen Antisemitismus geriert", heißt es in einer Erklärung Uhls und der Bundestagsabgeordneten Kristina Köhler."Als diese Partei noch unter dem Namen SED die Geschicke in der DDR lenkte, hat sie Israel das Existenzrecht verweigert und den jüdischen Staat nie anerkannt."
Bis heute habe die Linkspartei keine "klare Trennung von ihrer unrühmlichen Tradition" vollzogen. Abgeordnete der Linken beteiligten sich an "antisemitischen Demonstrationen" zur Unterstützung von Hamas und Hisbollah.


Weil Uhl und Köhler noch erkennen könnten, wie unsinnig eine gemeinsame Erklärung auch mit der Fraktion der Grünen ist, wehrt deren rechtspolitischer Sprecher präventiv ab:

"Uhl ist ein alter Krakeeler", sagte ihr rechtspolitischer Sprecher Jerzy Montag der Süddeutschen Zeitung. Es sei "absolut unangemessen, solche Töne anzuschlagen". CDU und CSU selbst seien im Umgang mit dem Antisemitismus keineswegs immer vorbildhaft gewesen. "Die Union muss immer bedenken: Wenn sie in der Frage des Antisemitismus mit dem Finger auf andere zeigt, zeigen drei Finger auf sie zurück", warnte Montag.

Heiliger St. Florian......und was sagt Herr Westerwelle dazu?
Weitere Links zum Thema:
Werner Pirker im Zentralorgan des linken Antisemitismus: Adenauers Erben

Dienstag, 21. Oktober 2008

Die Zukunft der Zeitung


Ein interessanter neuer Artikel von Philip Meyer, der in seinem Buch The Vanishing Newspaper den Zeitpunkt für das Erscheinen der letzten gedruckten amerikanischen Zeitung auf das Jahr 2043 kalkuliert hatte, beschäftigt sich damit, wie die Zeitung in Zukunft Überlebenschancen haben will, modellhaft aussehen sollte.


Auch in Deutschland dürften die meisten Tageszeitungen mit sinkenden Absatzzahlen zu kämpfen haben. Wer der heute unter 25jährigen liest noch regelmäßig eine Tageszeitung? Wenn das E-Medium um das Jahr 2000 seinen Durchbruch gehabt hat, könnte esein, daß eine Generation später, also um das Jahr 2025 nur noch die Gruppe der dann über 50jährigen eine Zeitung wird lesen wollen.

Meyer argumentiert, daß die Informationen des "Lokalteils" am wenigsten gefährdet sind, durch andere Medien substituiert zu werden. Unter diesen Informationen sind keine Polizeimeldungen oder etwa Pressemeldungen ortsansässiger Unternehmen zu verstehen. Sondern das Geschehen, das abzubilden den Journalisten erfordert, der vor Ort recherchiert und die Informationen in einen Kontext bringt.

Die journalistische Königsdisziplin war von jeher die Reportage. Von ihr lebt auch die Zeitung. In Zukunft erst recht.

Montag, 20. Oktober 2008

NS-Figur bei Family Guy

Vor einigen Monaten hatten Freunde mir erzählt, "Family Guy" sei etwas Lustiges...

Another endorsement

Seit mehr als 30 Jahren hat die LA Times keinen Präsidentschaftskandidaten mehr unterstützt. Gestern sprach auch sie sich für Barack Obama aus:
We may one day look back on this presidential campaign in wonder. We may
marvel that Obama's critics called him an elitist, as if an Ivy League education
were a source of embarrassment, and belittled his eloquence, as if a gift with
words were suddenly a defect. In fact, Obama is educated and eloquent, sober and
exciting, steady and mature. He represents the nation as it is, and as it
aspires to be.

Sonntag, 19. Oktober 2008

1964 for the Republicans again?

Erstmals seit 1964 unterstützt der Houston Chronicle einen Demokraten für die Präsidentschaft. Meine Rede.

Powell Endorsement

Der Zeitpunkt könnte für McCains Wahlkampf kaum schlechter sein. Noch 16 Tage bis zur Wahl und McCain müßte dringend eine Story produzieren, um das Ruder rumzureißen. Die Unterstützung von Powell fällt nach meiner Meinung aus einem Grund besonders ins Gewicht:

Powell befand sich auf der Liste von McCains Vizepräsidentschaftskandidaten.

McCains enttäuschende Kampagne läuft auf eine Niederlage wie die von Goldwater 1964 zu.

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Krugman

Mich fragte ein Kollege heute morgen, ob ich denn "das Buch" vom Krugman gelesen hätte. Hm, meinte ich, im Studium hätte ich es durchaus mit seinem großen Lehrbuch zu internationalem Handel zu tun gehabt. Er blätterte nochmal in der Zeitung nach und sagte, ach für seine Beiträge zu internationalem Handel habe Krugman wohl auch den Preis bekommen. Aber er hätte in Erinnerung, daß er auch den Bush kritisierte hätte, wohl auch in Form eines Buches, wisse nur nicht mehr, wie das hieß.

Ich hatte mir bereits gedacht, als die welt online "Bush-Kritiker erhält Nobelpreis" titelte, daß bei einigen Leuten der Eindruck entstehen könnte oder auch sollte, daß Bush-Kritik alleine schon nobelpreiswürdig wäre, was ich ja im Hinblick auf Harold Pinter in der Literatur auch nicht ganz falsch ist. Was hatten die deutschen Blätter eigentlich bei Prescott III vor vier Jahren in den Schlagzeilen?

Krugman ist übrigens von Gary Becker abgesehen wohl auch der erste bloggende Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften.

Samstag, 11. Oktober 2008

Amtsmissbrauch und Niedergang


Wenn Sie dachten, Sarah Palin wäre wenigstens kein weiterer Cheney, könnten sie daneben gelegen haben.

Der Vorwurf des Amtsmissbrauches ist nur ein weiteres Anzeichen dafür, wie diese Vizepräsidentschaftskandidatur, die sich mehr und mehr als eine einzige Farce zeigt, in sich zusammenstürzt. Eine Kandidatin, die sich keinen Pressekonferenzen stellt, der in x-facher Hinsicht ein Clinton-haftes Verhältnis zur Wahrheit in so kurzer Zeit nachgewiesen werden kann, steht nicht für das Amerika, das ich kenne oder zumindest mal kannte.

Ich wußte in den ersten Tagen nach der Nominierung nicht und konnte auch nicht wissen, was genau von Sarah Palin zu halten ist. Mittlerweile muß ich meine anfängliche Sicht, die Nominierung könnte ein zwar risikoreicher, aber dennoch cleverer Schachzug sein, zurücknehmen. Diese Nominierung ist eine Beleidigung.
McCain hat keine Chance mehr auf den Wahlsieg und glaubt möglichwerweise selbst nicht mehr an den Erfolg. Die Chancen der GOP bei den Kongreßwahlen sinken ebenso täglich. Es ist vorstellbar, dass die Demokraten im Senat auf bis zu 60 Sitze kommen könnten (das wäre eine qualifizierende Mehrheit). Die Republikanische Ära endet. "Wir" sollten daher langsam die Debatte beginnen, was aus der GOP nach der Niederlage werden wird. Wie wird und wie sollte sich der amerikanische Konservatismus entwickeln?
Weitere Links zum Thema:
Florian Heinhold zu "Troopergate": Abuse of Power
Andrew Sullivan: Abuse of Power
Matt Yglesias wußte es schon vorher: Alaska Inquiry Concludes Palin Abused Powers
(bin ich eigentlich der einzige, dem die ganzen "Gates" - ich meine die Bezeichnung, nicht die Skandale selbst - auf die Nerven gehen?)

Freitag, 10. Oktober 2008

Lost my country

Christopher Hitchens ist mit seinem neuen Essay in Vanity Fair nun (fast) auf einer Linie mit Paul Krugman. Ein Lesemuß zum Wochenende!

"Im Geiste Yassir Arafats"

Schikora stellt in Bezug auf die Verleihung des Friedensnobelpreises an Marti Ahitsaari die Reaktionen Rußlands heraus.
Auch nach meiner Auffassung stellte Ahitsaaris Kosovo-Plan die ultimative Durchsetzung der Willkür als globales Handlungsprinzip dar. Das heißt aber nicht, daß dieser Preisverleihung die gleiche Bedeutung zukäme wie jener an Arafat. Ahitsaari ist kein albanischer Terrorist.
Weiterer Link zum Thema:
Augenzuppler: Nobelpreise für excellente Hermeneutiker?

Montag, 6. Oktober 2008

Lest mal lieber nichts, ihr Linken!

Zettel fürchtet die Marx-Lektüre einiger (linker) Studierender:

"Jetzt lesen sie also wieder ihren Marx, die linken Studenten. Und manche werden sich wieder, wie einst vor vierzig Jahren, vom Blitzen und Donnern seiner Sprache verführen lassen."

Marx wirklich gelesen haben dürften vor vierzig Jahren die wenigsten linken Studenten. Daß aber manche eine "Renaissance des Marxismus" befürchten, weil sich an einigen Hochschulen Grüppchen bilden, die ein bißchen über die Kritik der politischen Ökonomie plaudern wollen, zeigt doch, wie unausrottbar selbst die irrwitzigsten Ausprägungen des Antikommunismus sind. Trotz des Zusammenbruchs des real exisitierenden Sozialismus vor zwei Jahrzehnten.

McCains Reputation


Nate Silver zeigt eine Graphik, die einem erschreckend klar vor Augen führt, wie sich McCains Wahlkampf auf sein einstiges Image als unabhängiger und charakterstarker Politiker bisher ausgewirkt hat. Die Reputation von John McCain scheint mittlerweile weitestgehend zerstört zu sein.

Köln-Marathon 2008

Nicht nur geplästert hat es beim gestrigen 12. Ford Köln-Marathon. Teilweise ist mir ein Gegenwind ins Gesicht und auf die Brust geblasen, der mich an manchen Spaziergang an der Ostseeküste erinnerte.

Die Zuschauerunterstützung war, berücksichtigt man das Wetter, wieder sehr gut. Die Stimmung an der Strecke zeichnet den Köln-Marathon seit Jahren schon in ganz besonderem Maße aus.

Trotz der unglücklichen Wetterbedingungen bin ich mit einer neuen Bestzeit in 03:30:27 h gesund ins Ziel gekommen.

Freitag, 3. Oktober 2008

Mit Frau Ensslin in der Wanne

Gelohnt hat sich der Besuch im Kino am vergangenen Sonntag um 11.45 Uhr (so früh war ich noch nie im Kino, erst recht nicht bei schönem Wetter) allein wegen der Schauspielerischen Glanzleistung von Johanna Wokalek in der Rolle von Gudrun Ensslin. Wer sich intensiv mit den Anfängen der RAF beschäftigt hat und ihre Briefe (in dem Buch Zieh den Trennungsstrich jede Minute) gelesen hat, dürfte doch ein Gefühl besitzen, wer diese zweifelsohne reizvolle Frau gewesen ist. Johanna Wokalek ist sie. Als 17jähriger Peter Jürgen Boock, frisch vermöbelt aus dem Erziehungsheim kommend, von so einer Frau in die Badewanne gebeten zu werden, mag zum kopflosen Mörder werden lassen. Umso mehr Kopfschütteln ruft die Figur Moritz Bleibtreu als Vollproll Andreas Baader hervor. Nicht nur Bleibtreus kühles Norddeutsch (Baader wuchs in München auf) ist vollkommen unpassend. Dieser Filmbaader wirkt zwar sympathisch, aber eben als Bübchen. Daß Andreas Baader selbst Richter Dr. Prinzing, wie dieser im vergangenen Jahr erst in einem Zeitungsinterview bekundete ("als Soldat wäre er brauchbar gewesen"), sympathisch war, lag darin begründet, daß Baader als hochintelligenter pöbelnder Anarcho, der die Zuhältersprache aus seine gesamte Umgebung übertrug (die Frauen der RAF bezeichneten sich sodann schließlich untereinander als "Fotze(n)"), den Wunschvorstellungen des autoritären Charakters bestens entsprach.

Bleibtreu checkt null, wen er eigentlich spielt, mag er sich auch noch so sehr, wie er bei Anne Will meinte, in die Zeit eingelesen haben.

Gut getroffen sind der blutjunge Stefan Aust, der zu Beginn des Films nur kurz in Erscheinung tritt, sowie das Arschloch Klaus Rainer Röhl. Mit Bruno Ganz als Horst Herold kann ich nicht viel anfangen. Nicht seine seit vier Jahren zwangsläufige Verknüfung mit der Hitler-Rolle zerstört sein siel in diesem Film. Ganz ist um einiges älter als es Herold in den 70er Jahren war und tritt auch als alter Beamter in Erscheinung. Und die Story vom grübelnden, tiefsinnigen und unkonventionellen Mann des Staates ist nach meiner Kenntnis eine Legende.

Daß der Antisemitismus der RAF in dem Film so gut wie gar nicht vorkommt, wie auch nichtidentisches in seiner lesenswerten Kritik herausstellt, verwundert kaum. Die RAF war fester Bestandteil eines Vernichtungskrieges gegen Israel, der keineswegs erst mit der zweiten Generation beginnt. Der Film allerdings stellt sich dem Denken der RAF insgesamt gar nicht. Man hört allein Ulrike Meinhofs bekannteste Textpassagen (ihre Rechtfertigung der Aktion des Schwarzen September taucht jedoch nicht auf) immer wieder, aber nirgendwo wird das Konzept Stadtguerilla erläutert, wird auch der ansatzweise der Versuch gemacht, das Denken der Gründergeneration, das den ideologischen Background schließlich der zweiten und dritten Generation ausmachte, zu analysieren. Der Politjargon ist auf ein Minimum begrenzt. Von Diskussionen sieht man gar nichts.
Stattdessen erzählt dieser Actionfilm die Geschichte der Jahre 1967 bis 1977 auf eine unreflektierte Weise, bei der jede Bluttat untergebracht werden muß. Und so hechelt der Film im letzten Drittel des Films in einem Affentempo von einem Attentat zum nächsten. Das kann der Zuschauer nur nichtssagend finden.
Uli Krug schrieb in der vorletzten Ausgabe der Bahamas mit Blick auf die Debatte zu 30 Jahren Deutsche Herbst, wer wie die RAF, dem Volk habe dienen wollen, der habe es nicht besser verdient, als volkstümlich vermarktet zu werden. So ist es.

Die Jüngeren wissen jetzt vielleicht ein ganz klein wenig mehr über die Chronologie der Ereignisse jener Zeit. Mehr aber auch nicht.

Donnerstag, 2. Oktober 2008

"Anyone can grow up to be president"

W

Erst vor einigen Tagen dachte ich, ohne von dem neuen Oliver-Stone-Film gehört zu haben, darüber nach, wie ein Spielfilm über George W. Bush aussehen könnte. 21 Jahre dauerte es bis Nixon in die Kinos kam. Dieser Film läuft noch vor Ende der Amtszeit des Präsidenten an. Das ist für Histotainment viel zu früh, für Satire viel zu spät.

Richard Dreyfus wäre mir auch als erster für die Rolle von Cheney in den Sinn gekommen. Passt einfach am besten in das klassische Bild vom bösen Machtmenschen und das Alter kommt auch hin.

Ein Interview deutscher Bush-Basher mit Stone erschien heute.

Was ohne Bankenrettung passieren würde

Philip Plickert bemüht den Wirtschaftshistoriker Harold James:

Die Warnung vor einer neuen Großen Depression wie in den dreißiger Jahren, als die Arbeitslosenquote auf 25 Prozent stieg, hält er für Angstmacherei. „So schlimm wird es wohl nicht.“ Eher sei im Szenario von Kreditklemme und Rezession mit 2 bis 3 Prozent weniger Wirtschaftsleistung über mehrere Jahre zu rechnen. Verglichen damit, erscheinen die 7 Prozent vom BIP für die Rettungsaktion eher günstig - falls das Paket tatsächlich die Krise zu bereinigen hilft.

Die Mehrheit der Amerikaner und ein Großteil der Politiker haben noch nicht verstanden, in welcher Misere wir sind. In welcher wir wirklich sind, können wir vielleicht alle auch nicht wissen. Das Votum der Kongreßabgeordneten in dieser Woche war nicht nur unverantwortlich.

Dresden Swindle

Eine Lüge aus Goebbels' Propagandaministerium, die sich besonders hartnäckig in den Köpfen vieler Deutscher bis heute hält, ist die Behauptung, in der Nacht auf den 14. Februar 1945 seien Hunderttausende von Menschen bei der Zerstörung Dresdens "ermordet" worden.

Dabei sind die Ergebnisse der Historikerkommission alles andere als neu, wenn auch die Zahlen zwischen 25.000 oder 35.000 bisher als nicht wissenschaftlich gesichert gelten konnten.

Leseempfehlung: Gunnar Schubert

Dienstag, 30. September 2008

Zitat des Tages

This Republican Party needs to be burned, razed to the ground, and the furrows sown with salt...

-Brad DeLong

...nachdem die Republikaner nach eigenem Bekunden gestern den Rettungsplan haben scheitern lassen, weil Frau Pelosi ihre Gefühle verletzt hatte. Das ist die GOP von heute.

Nach Beck endlich auch Huber

Mit der Fehlbesetzung Huber ist es dank der Wahlen in Bayern nun auch vorbei.
Seehofer hätten sie auch vor einem Jahr schon haben können.

Sonntag, 28. September 2008

Haile Gebrselassie

Erwähnen möchte ich noch die neue Weltbestleistung, die Haile Gebrselassie heute über die Marathon-Strecke in Berlin in einer Zeit von 02:03:59h lief. "Verrückt" sagt dazu jeder und kann man dazu auch nur sagen. Warum werden diese Rekorde seit fünf Jahren eigentlich immer beim Berlin-Marathon aufgestellt, wo doch nach meiner Kenntnis London und Chicago als mindestens genauso schnelle Strecken gelten?

Ich selbst werde heute in einer Woche in Köln wieder an den Start gehen.

"Seit es in Bayern Wahlen gibt"

"Seit zehn Jahren gibts im Bund kein Schwarz-Gelb mehr, und seit heute sage ich euch: Das wird so bleiben."
-Frank Walter Steinmeier

Ich wiederhole: Die SPD hat ihr schlechtestes Ergebnis seit es in Bayern Wahlen gibt."
-Roland Pofalla

Die Bürgerlichen und die immer gewinnende SPD

Mit den Wahlsonntagen ist es in Deutschland doch immer dasselbe. Verloren hat niemand.

Maget und Stiegler fahren das historisch schlechteste Ergebnis in Bayern ein, reden aber nur über die CSU, durften sie es doch einmal erleben, daß diese Partei eine Landtagswahl einmal nicht gewinnt.

Pofalla sagt in einer Ansprache in jedem Satz dreimal "bürgerlich". "Das bürgerliche Lager" hat über 60%. Zum Einstieg einer jeden Antwort kommt man dann zwar nicht umhin, kurz eine Niederlage einzuräumen, bei er es "nichts zu beschönigen gebe". "Nichts zu beschönigen, aber..."
Beschönigen können wir es dann eben doch, denn die Opposition hat ja nichts erreicht, die "Bürgerlichen" haben doch nach wie vor die Mehrheit.

Samstag, 27. September 2008

Blogger-Reaktionen TV-Duell

Andrew Sullivan:
This is the first exchange on national security in a presidential debate where the Democrat out-hawked, in a responsible way, the Republican...
Obama's best ever debate performance. McCain was fine, but it's wrong for him to attack his opponent at the end. And then he gave a slightly rambling defense of his experience. I give Obama an A - and I give McCain a B.

Marc Ambinder:
No memorable moments. Fascinating body language.
No major gaffes by either candidates.
No major surprises

Ezra Klein:
I'm finding this hard to evaluate. In 2004, Kerry smoked Bush. This year, they're pretty evenly matched. McCain is more mawkish and somber. Obama is more commanding and informed. But these aren't speeches, where there are running themes or interlaced talking points. It's actually a discussion. An exchange. If you wanted to vote for either guy, you're probably confirmed in your opinion. If you're undecided, both seem fairly convincing.

Zettels Raum:
McCain war vor allem intellektuell präsenter als Obama. Er hatte die Fakten parat, ging auf Einzelheiten ein, wies auf Zusammehänge und historische Parallelen hin. Kaum etwas davon bei Obama. Er blieb fast durchweg auf der Ebene allgemeiner Aussagen.

Freitag, 26. September 2008

Clintons einzige Hoffnung: McCain

Bill Clinton macht mittlerweile recht offen Wahlkampf für John McCain.

Das ist wenig überraschend. Die Clintons hoffen durch und durch auf McCains Sieg.

Der Terror des Stefan Aust


(...)Was sollen wir von dem Buch halten, äh, von der RAF? Aust läßt uns nicht im unklaren. Unter einem der in die dritte Auflage aufgenommenen Fotos wird erklärt, was am Buback-Attentat heimtückisch war. Das Motorrad! Der Rücksitz! "Heimtückisch vom Rücksitz eines Motorrads erschossen." Die Todesschützen hat auch Aktenleser Aust nicht ermitteln können. Das ist bitter. Feiglinge sind das, keine Bekenner. "Die Todesschützen haben sich niemals zu ihrer Tat bekannt." Wo bleibt die Moral? Noch in der Schlußerklärung der Stadtguerilla-in-Form-der-RAF von 1998 findet Ermittler Aust "kein Bedauern über die Opfer der 'Stadtguerilla', keine Selbstkritik, kein Schuldgefühl". Empörend. Für einen Mann wie unseren Autor. Hatten sich doch Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin zu Herren gemacht. "Zu Herren über Leben und Tod", angetreten gegen den alten und neuen Faschismus, wobei der neue laut Aust nur "angeblich" ist. Sein Resümee: "Jetzt seien sie, die RAF-Herren, "schuldig geworden wie viele aus der Genration ihrer Väter". Bäh! Selber Nazi, diese Terroristen!(...)


- Dietrich Kuhlbrodt (konkret 10/2008, S. 27)

Donnerstag, 25. September 2008

Left-wing administration

How quickly they forgot:

"We do not support government bailouts of private institutions. Government interference in the markets exacerbates problems in the marketplace and causes the free market to take longer to correct itself,"

Republican Party Platform, 2008

Sonntag, 21. September 2008

Meinsch, in Texas wähle se en Farbige?

Ich frage mich seit Monaten, wie in Deutschland die Reaktionen auf eine Wahlniederlage des ersten afroamerikanischen Präsidentschaftskandidaten der USA ausfallen würden. "Seht ihr, die Amis sind und bleiben eben doch Rassisten" dürfte dann vielerorts und auch in unseren objektiven Qualitätsmedien zu hören sein.

Denn der nicht-schwarze (d.h. für den Klemmdeutschen in dem Fall: weiße) Durchschnittsami hält die Schwarzen für "faul, gewalttätig und weinerlich", wie uns SPON in seinem obligatorisch antiamerikanischen Wort zum Sonntag wissen läßt:

Faul, gewalttätig und weinerlich - viele Amerikaner hegen Analysen von Meinungsforschern zufolge noch immer tief verwurzelte Vorurteile gegen Schwarze. Der latente Rassismus könnte Barack Obama im Rennen ums Weiße Haus zum Verhängnis werden - denn er findet sich auch unter den eigenen Parteianhängern.

Das stimmt, allerdings finden sich, wie die Umfragen zeigen, diese Vorurteile nicht auch, sondern gerade unter den eigenen Parteianhängern.

(...)Doch es geht im Endspurt um das Weiße Haus nicht nur um harte Fakten und klare Strategien. Über allem schwebt viel subtiler, aber womöglich nicht weniger wahlentscheidend die R-Frage, über die offen viele nicht so recht sprechen wollen: "Race", die Rasse, spielt für die Amerikaner auch 145 Jahre nach der offiziellen Abschaffung der Sklaverei eine wichtige Rolle - wenn es sich auch nicht jeder eingestehen will.

Was kümmert sich der Ami auch um harte Fakten? Und über die R-Frage wird in den US-Medien wie auch in der Bevölkerung laufend diskutiert, aber die Amis halten sich ja bekanntlich für unfehlbar. Nicht jeder Rassist will sich also eingestehen, daß er ein Rassist ist und daß Rassismus die Wahl entscheiden könnte.

(..)40 Prozent aller US-Amerikaner haben demnach nach wie vor tief verwurzelte Vorbehalte gegen Schwarze(..)

Wie die Tiefe der Verwurzelung von Vorurteilen in solchen Umfragen berechnet wird, würde mich interessieren.

Zwar betonen die Meinungsforscher, dass Obamas Hautfarbe nicht der wichtigste Grund für die Skepsis der Demokraten ist. Hier spielen vor allem Zweifel an seiner Kompetenz und Glaubwürdigkeit eine Rolle. Sie weisen aber auch darauf hin, dass die rassistisch begründeten Vorurteile offensichtlich und bedeutend sind. Statistischen Berechnungen zufolge läge die Zustimmungsrate für Obama sechs Prozent höher, wenn diese Vorurteile nicht bestünde

Und um wieviel höher wäre dann die Zustimmungsrate, wenn die Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit und kompetenz nicht bestünden.

Die Umfrage kommt zu dem Ergebnis, dass 20 Prozent aller weißen Amerikaner ihre schwarzen Mitbürger als "gewalttätig" einschätzen. 22 Prozent stimmten dem Attribut "überheblich" zu, 29 Prozent finden sie "weinerlich", 13 Prozent "faul" und 11 Prozent "verantwortungslos". Wurde nach der Zustimmung für positive Eigenschaften gefragt, hätten sich die Befragten deutlich mehr zurückgehalten, heißt es

Das ist zwar traurig und jede rassistische Antwort dieser Umfragen eine zuviel und soll auch hier nicht verharmlost werden. Aber sehr beeindruckend finde ich diese Zahlen gemessen an dem, wie der Artikel begonnen wird, nicht gerade.

Unter den weißen Demokraten machte sich ein Drittel eine negative Einschätzung schwarzer Amerikaner zu eigen. Von diesen erklärten 58 Prozent, sie würden Obama unterstützen.

Sage ich doch (siehe oben)

So ist der Befragte möglicherweise nicht ehrlich, weil er weiß, dass offener Rassismus gesellschaftlich geächtet ist. Andere gestehen sich ihren Rassismus selbst gar nicht erst ein.

Ah, offener Rassismus ist in den USA geächtet? Interessant. Ich bin übrigens immer davon ausgegangen, daß Antisemitismus in Deutschland mindestens so geächtet ist, wie in den USA Rassismus. Trotzdem bekennen sich in den Umfragen hier offen weit mehr als ein Drittel dazu. Hat mit dem Thema nix zu tun, ich weiß, außerdem wird Antisemitismus hier bei Wahlen eh nie eine Rolle spielen, wenn die FDP in Westfalen nicht gerade wieder "israelkritische" Flugblätter verteilt.

Nach der gewonnen Nominierung von Barack Obama war ich mit Bundesbrüdern in einer Kneipe im Nordschwarzwald und hörte einen der Einheimischen an der Theke fragen: "Der gewinnt nie. Meinsch, in Texas wähle se en Farbige?" Mal abgesehen davon, daß texas wohl aus anderen Gruünden tatsächlich kein blue state werden wird: Gibt es zu solchen Vorurteilen auch Umfragen?

Freitag, 19. September 2008

"Indignation"

Einmal wieder ein neues Buch des Ausnahmeliteraten Philip Roth (ganz schön fleißig). Hier rezensiert von David Gates.

blogger.com spinnt

blogger.com hat wohl heute einige Probleme. Daher bitte ich eine fehlerhafte Reihenfolge der Beiträge oder falsche post-Uhrzeiten zu entschuldigen.

The end of greenspanomics

Einen kurzen Blick in die ökonomische Dogmengeschichte hinsichtlich der Analyse der Krisenhaftigkeit des Kapitalismus wirft Philip Plickert in der heutigen Ausgabe der FAZ.

Nachdem Marx als "großer Krisenprophet" gebasht und Schumpeter als der eigentlich treffende Theoretiker hervorgehoben wird, wendet er sich im Hinblick der aktuellen Finanzmarktkrise und des in der Nacht zum Freitag von Paulson und Bernanke bekanntgegebenen Rettungsplanes Hayek zu, der vor einem solchen Ausmaß an Regulierung gewarnt hätte:

In jeder Krise mischen sich somit Markt- und Staatsversagen. Die derzeitige Krise war einerseits getrieben von der Gier der Banken, die komplexe Finanzprodukte entwickelten, die sie selbst nicht mehr verstehen und beherrschen konnten. Hinzu kam jedoch eine große Portion staatlicher Fehlanreize, etwa die billigen Leitzinsen nach 2001.
Erst sie ermöglichten die massenhafte Kreditaufnahme und die immer größeren Hebel für Finanzinvestments. Das Eingreifen der amerikanischen Notenbank Fed 1998 in der LTCM-Krise schuf zudem einen gefährlichen Präzedenzfall, da risikobereite Banker im Zweifelsfall auf staatliche Hilfe hoffen konnten. Und der Häuseraufschwung in Amerika war auch politisch gewollt; Eigenheime für jeden waren die Aufgabe der staatlich geförderten Hypothekenkonzerne Fannie Mae und Freddie Mac.
Nun brechen die Banken reihenweise zusammen. Die Regierung in Washington ist dabei, die halbe Bankenwelt praktisch zu verstaatlichen. Künftige Finanzinnovationen werden schärfer reguliert werden. Doch wird damit der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren in einer Weise gezügelt, deren Kosten den Nutzen möglicherweise übersteigen (davor hätte Hayek gewarnt). Noch hat der Kapitalismus sich aus jeder seiner Krisen selbst befreien können, staatliche Eingriffe waren oft eher schädlich.
 
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