Deutschland tut sich schwer damit, seine Ökonomen in internationalen Institutionen oben zu platzieren. Wolfgang Münchau sieht diesen Umstand in der Isolation der deutschen VWL begründet.
Dies erkenne man z.B. an der religiös gefärbten Rhetorik deutscher Ökonomen. Wenn vom "Sündenfall der EZB" die Rede sei. Und in Deutschland besonders beliebte Begriffe wie "Ordnungspolitik" ließen sich oftmals kaum übersetzen. Deutsche Ökonomen sprächen also eine Sprache, die im Ausland nicht verstanden werde.
Die einzige internationale Strömung, die in Deutschland noch ankam, sei der Monetarismus mit seinen leicht nachvollziehbaren Regeln. Doch selbst "echte Monetaristen" gebe es in Deutschland kaum. Die nämlich hätten in der Finanzkrise für eine Nullzinspolitik mit quantitativer Lockerung plädieren müssen.
Es ist aus meiner Sicht richtig, daß die Volkwirtschaftslehre nach 1945 einen Sonderweg gegangen ist, der in der Lehre allerdings in den 1980er Jahren geändert wurde. Seither erfolgten erste Ansätze einer Anpassung an internationale Standards. Ich erinnere daran, daß inmitten der Finanzkrise deutsche Ökonomen gerade um die Ausrichtung ihres Faches heftig stritten. Ich denke, die Veränderungen auf diesem Gebiet sind schon viel weiter, als man gemeinhin denkt. Beispielsweise wäre ich mir gar nicht sicher, ob VWL-Absolventen der Uni Mannheim heute noch den Unterschied zwischen "Ordnungspolitik" und "Prozeßpolitik" erklären könnten. Die Dogmatiker, die Münchau vor Augen hat, sterben aus.
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Donnerstag, 2. Juni 2011
Mittwoch, 5. Januar 2011
"Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit"
Wolfgang Münchau spricht ein großes Wort gelassen aus:
Wettbewerbsfähigkeit zum Beispiel ist ein betriebswirtschaftliches Konzept, weil Wettbewerb in Märkten stattfindet und Unternehmen in diesen Märkten konkurrieren. Das gilt aber nicht mehr für Länder. Es gibt keinen Markt, auf dem Deutschland gegen Frankreich spielt. Internationale volkswirtschaftliche Beziehungen sind kein Fußballturnier.
Wie wahr. Daran bitte künftig immer denken, wenn wieder mal von "Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit" die Rede ist.
Wettbewerbsfähigkeit zum Beispiel ist ein betriebswirtschaftliches Konzept, weil Wettbewerb in Märkten stattfindet und Unternehmen in diesen Märkten konkurrieren. Das gilt aber nicht mehr für Länder. Es gibt keinen Markt, auf dem Deutschland gegen Frankreich spielt. Internationale volkswirtschaftliche Beziehungen sind kein Fußballturnier.
Wie wahr. Daran bitte künftig immer denken, wenn wieder mal von "Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit" die Rede ist.
Mittwoch, 17. Februar 2010
Ein Ungleichgewicht hat zwei Seiten
"Ich bin immer erstaunt, wie selbst intelligente Menschen oft nicht verstehen, dass ein Ungleichgewicht - ob nun im Euro-Gebiet oder international - logischerweise eine Entwicklung ist, die zwei Parteien betrifft. Das Problem der Weltwirtschaft im letzten Jahrzehnt war nicht allein das amerikanische Leistungsbilanzdefizit, sondern genauso die chinesischen und deutschen Überschüsse. Die Ungleichgewichte im Euro-Gebiet bestehen aus südeuropäischen Defiziten, spanischen vor allem, und deutschen Überschüssen. In Deutschland tendiert man immer dazu, Ungleichgewichte mit Defiziten gleichzusetzen."
Wolfgang Münchau
Wolfgang Münchau
Sonntag, 26. Juli 2009
"Rente mit 69" ist noch viel zu wenig
Viel zu spät schreibe ich diesen Beitrag wieder. In der Blogosphäre entsprechen 24 Stunden fünf Jahren und wann war dieses Geschrei um die Modellrechnung der Bundesbank? Schon so lange her, daß es wirklich bald politisch relevant werden könnte....
Denn in das Visier genommen wurde das Jahr 2060. Trotzdem war dieser Vorstoß, der mir viel zu zaghaft erscheint, Sozen wie Olaf Scholz Anlaß genug, um rumzubrüllen, als wären er oder irgendeiner der wenigen Hartnäckigen, die dieses Jahr noch SPD wählen, selbst davon betroffen.
Es sind nicht nur demographische Veränderungen, sondern auch (teilweise damit einhergehende) gesellschaftliche, technologische und eben auch physiologische, die eine auf lange sicht hin angelegte Analyse der altersabhängigen Staatsausgaben in Betracht ziehen muß.
Die Bundesbank nimmt in ihrem Monatsbericht Juli Projektionen der "Ageing Working Group" als Grundlage. Unter der voraussetzung, daß die Erwerbsbeteiligung der älteren Personen steigt und die Arbeitslosigkeit sinkt, wird bis 2060 ein Rückgang der Personen im Erwerbsalter um 28,5 % (15,5 Mio Personen) angenommen. Die Zahl der Erwerbspersonen soll dementsprechend mit 25,5 % weniger stark zurückgehen. Um die Erhöhung der altersabhängigen Ausgaben zu begrenzen, schlägt die Bundesbank eine Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 69 Jahre vor. Der Rückgang des Arbeitskräftepotentials soll ferner durch eine höhere Erwerbsbeteiligung der 55- bis 64-Jährigen gedämpft werden, wobei hier die AWG bereits von einem Anstieg um 16 Prozentpunkte auf 74 % ausgeht.
Ich glaube, die vor uns liegenden Jahrzehnte werden weitaus tiefgreifendere Veränderungen mit sich bringen und
-eine Erhöung des durchschnittlichen Renteneintrittsalters auf 69 Jahre wird nicht ausreichen
-die Hauptbelastung mit der Erwerbsarbeit, die heute bei den 30- bis 50-jährigen liegt, wird sich auf die 35- bis 60-jährigen verlagern
-die gesellschaftliche Arbeitsteilung muß sich viel mehr flexibilisiert werden
-durch Verkürzung der Ausbildungszeiten läßt sich die erwerbstätige Phase eines Individuums am allerwenigsten verlängern
-das Wachstum der Arbeitsproduktivität wird den Rückgang der altersabhängigen Staatseinnahmen nicht alleine abfedern, aber er wird über die Lebenszeit ohne Zweifel ein deutliches mehr an Freizeit für jeden zur Folge haben
Wir befinden uns noch immer in einem Prozeß der techno-physischen Evolution (vgl. dazu die Schriften des US-Nobelpreisträgers für Wirtschaftswissenschaften Robert Fogel). Weltweit sinken (bis auf vielleicht in Rußland oder Angola) die Mortalitäts- und Fertilitätsraten, steigen die Humankapitalinvestitionen. Vor allem aber wächst, und das bleibt in den meisten Modellen unberücksichtigt, d.h. es steigt nicht nur die Lebenserwartung stetig, sondern die Menschen werden auch bei viel besserer Gesundheit und Kondition immer älter.
Die Reaktionen auf den Bericht der Bundesbank zeigen, wie wenig das verstanden wird. In dieser Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft verschwindet die von den sozialdemokraten immer noch beschworene Schwerstarbeit. die wenige, die übrig bleibt, wird tatsächlich vielleicht nicht von 68-jährigen, aber doch von deutlich älteren Arbeitern erledigt werden können, als früher.
Das durchschnittliche Alter des Eintritts in das Berufs- und Steuerzahlerleben ist jahrzehntelang gestiegen. Mittlerweile ist dieser Anstieg aus einer Reihe von Gründen zu einem Halt gekommen: Verkürzung der Schulzeit, Verschulung des Studiums etc. Und dennoch glaube ich, daß dieses Alter in der Zukunft eher weiter ansteigen wird bzw. die Erwerbsphase durch zahlreiche Weiterbildungen immer wieder unterbrochen sein wird. Erstens nimmt die Bedeutung des "lebenslangen Lernens" in dieser Wissensgesellschaft weiter zu. Zweitens hat die unvergleichlich höhere Produktivität älterer Menschen eben auch den schönen Effekt, daß Jüngere mehr und mehr Kindererziehung vor den Berufseinstieg werden ziehen können.
Wenn man die Publikationen von James Vaupel liest, gewinnt man den Eindruck, daß die Lebenserwartung noch viel weiter ansteigen wird, als wir es uns zu prgnostizieren waren. Die durchschnittliche (!) Lebenserwartung von Frauen könnte im Jahr 2100 110 betragen. Ja, es ist Zeit, unsere "Lebensläufe völlig neu (zu) denken".
Denn in das Visier genommen wurde das Jahr 2060. Trotzdem war dieser Vorstoß, der mir viel zu zaghaft erscheint, Sozen wie Olaf Scholz Anlaß genug, um rumzubrüllen, als wären er oder irgendeiner der wenigen Hartnäckigen, die dieses Jahr noch SPD wählen, selbst davon betroffen.
Es sind nicht nur demographische Veränderungen, sondern auch (teilweise damit einhergehende) gesellschaftliche, technologische und eben auch physiologische, die eine auf lange sicht hin angelegte Analyse der altersabhängigen Staatsausgaben in Betracht ziehen muß.
Die Bundesbank nimmt in ihrem Monatsbericht Juli Projektionen der "Ageing Working Group" als Grundlage. Unter der voraussetzung, daß die Erwerbsbeteiligung der älteren Personen steigt und die Arbeitslosigkeit sinkt, wird bis 2060 ein Rückgang der Personen im Erwerbsalter um 28,5 % (15,5 Mio Personen) angenommen. Die Zahl der Erwerbspersonen soll dementsprechend mit 25,5 % weniger stark zurückgehen. Um die Erhöhung der altersabhängigen Ausgaben zu begrenzen, schlägt die Bundesbank eine Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 69 Jahre vor. Der Rückgang des Arbeitskräftepotentials soll ferner durch eine höhere Erwerbsbeteiligung der 55- bis 64-Jährigen gedämpft werden, wobei hier die AWG bereits von einem Anstieg um 16 Prozentpunkte auf 74 % ausgeht.
Ich glaube, die vor uns liegenden Jahrzehnte werden weitaus tiefgreifendere Veränderungen mit sich bringen und
-eine Erhöung des durchschnittlichen Renteneintrittsalters auf 69 Jahre wird nicht ausreichen
-die Hauptbelastung mit der Erwerbsarbeit, die heute bei den 30- bis 50-jährigen liegt, wird sich auf die 35- bis 60-jährigen verlagern
-die gesellschaftliche Arbeitsteilung muß sich viel mehr flexibilisiert werden
-durch Verkürzung der Ausbildungszeiten läßt sich die erwerbstätige Phase eines Individuums am allerwenigsten verlängern
-das Wachstum der Arbeitsproduktivität wird den Rückgang der altersabhängigen Staatseinnahmen nicht alleine abfedern, aber er wird über die Lebenszeit ohne Zweifel ein deutliches mehr an Freizeit für jeden zur Folge haben
Wir befinden uns noch immer in einem Prozeß der techno-physischen Evolution (vgl. dazu die Schriften des US-Nobelpreisträgers für Wirtschaftswissenschaften Robert Fogel). Weltweit sinken (bis auf vielleicht in Rußland oder Angola) die Mortalitäts- und Fertilitätsraten, steigen die Humankapitalinvestitionen. Vor allem aber wächst, und das bleibt in den meisten Modellen unberücksichtigt, d.h. es steigt nicht nur die Lebenserwartung stetig, sondern die Menschen werden auch bei viel besserer Gesundheit und Kondition immer älter.
Die Reaktionen auf den Bericht der Bundesbank zeigen, wie wenig das verstanden wird. In dieser Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft verschwindet die von den sozialdemokraten immer noch beschworene Schwerstarbeit. die wenige, die übrig bleibt, wird tatsächlich vielleicht nicht von 68-jährigen, aber doch von deutlich älteren Arbeitern erledigt werden können, als früher.
Das durchschnittliche Alter des Eintritts in das Berufs- und Steuerzahlerleben ist jahrzehntelang gestiegen. Mittlerweile ist dieser Anstieg aus einer Reihe von Gründen zu einem Halt gekommen: Verkürzung der Schulzeit, Verschulung des Studiums etc. Und dennoch glaube ich, daß dieses Alter in der Zukunft eher weiter ansteigen wird bzw. die Erwerbsphase durch zahlreiche Weiterbildungen immer wieder unterbrochen sein wird. Erstens nimmt die Bedeutung des "lebenslangen Lernens" in dieser Wissensgesellschaft weiter zu. Zweitens hat die unvergleichlich höhere Produktivität älterer Menschen eben auch den schönen Effekt, daß Jüngere mehr und mehr Kindererziehung vor den Berufseinstieg werden ziehen können.
Wenn man die Publikationen von James Vaupel liest, gewinnt man den Eindruck, daß die Lebenserwartung noch viel weiter ansteigen wird, als wir es uns zu prgnostizieren waren. Die durchschnittliche (!) Lebenserwartung von Frauen könnte im Jahr 2100 110 betragen. Ja, es ist Zeit, unsere "Lebensläufe völlig neu (zu) denken".
Montag, 22. Juni 2009
It`s the institutions, studpid!
Zumeist kann ich mit den Aussagen des Münchener Ifo-Chefs wenig anfangen, aber ich bitte den an Ökonomik interessierten Leser, Sinns heutigen Beitrag in der FAZ über den richtigen ökonomischen Dreiklang zu lesen.
Über diesen wird in der Volkswirtschaftslehre hierzulande seit einigen Wochen eine Debatte geführt zwischen denen, die den alten deutschen Dreiklang Wirtschaftspolitik-Wirtschaftstheorie-Finanzwissenschaft verteidigen, und denen, die für die angelsäschsische Trias Mikroökonomik-Makroökonomik-Ökonometrie streiten. Hans-Werner Sinn sieht in beiden Aufrufen Stärken und Schwächen und hebt auf die Wichtigkeit der Institutionenlehre ab.
Damit hat er sehr recht.
Über diesen wird in der Volkswirtschaftslehre hierzulande seit einigen Wochen eine Debatte geführt zwischen denen, die den alten deutschen Dreiklang Wirtschaftspolitik-Wirtschaftstheorie-Finanzwissenschaft verteidigen, und denen, die für die angelsäschsische Trias Mikroökonomik-Makroökonomik-Ökonometrie streiten. Hans-Werner Sinn sieht in beiden Aufrufen Stärken und Schwächen und hebt auf die Wichtigkeit der Institutionenlehre ab.
Damit hat er sehr recht.
Dienstag, 12. Mai 2009
Hausaufgaben
Guido Westerwelle bewirbt sich als Außenminister. Oliver Fraederich macht sich über diesen Umstand Gedanken.
Dexter Filkins rezensiert ausführlich ein neues Buch zur Strategie von General David Patreus im Irak 2006-2008
Gary Becker und Richard Posner analysieren die desolate Lage des US-amerikanischen Konservatismus
Ich fragte, warum Deutschlands Ökonomen nicht bloggen. Felix Salmon nennt zehn Gründe (hat tip: Daniel Drungels)
Dexter Filkins rezensiert ausführlich ein neues Buch zur Strategie von General David Patreus im Irak 2006-2008
Gary Becker und Richard Posner analysieren die desolate Lage des US-amerikanischen Konservatismus
Ich fragte, warum Deutschlands Ökonomen nicht bloggen. Felix Salmon nennt zehn Gründe (hat tip: Daniel Drungels)
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Mittwoch, 8. April 2009
Greise Wirtschaftsweise
Ezra Klein und Tyler Cowen entdecken, wie asbach-uralt die meisten bekannten Ökonomen werden:
Friedman (94)
Mises (92)
John Kenneth Galbraith (94)
Hayek (93)
Leontief (93)
Paul Samuelson wird bald 94 und Kenneth Arrow ist 84. Die Liste lässt sich fortsetzen. Für die Ökonomen der alten Schule wie Smith, Ricardo, Say und Marx galt die Maxime noch nicht.
Wo die alle ihren Methusalem-Kompott fressen und ob sie damit wirklich einen Nutzen maximieren, weiß ich nicht. Mich erinnert dieser eindrucksvolle Umstand nur sofort an eine gänzlich andere Spezies, auf die selbiges zutrifft, und der Leser dürfte wissen, welche ich meine.
Friedman (94)
Mises (92)
John Kenneth Galbraith (94)
Hayek (93)
Leontief (93)
Paul Samuelson wird bald 94 und Kenneth Arrow ist 84. Die Liste lässt sich fortsetzen. Für die Ökonomen der alten Schule wie Smith, Ricardo, Say und Marx galt die Maxime noch nicht.
Wo die alle ihren Methusalem-Kompott fressen und ob sie damit wirklich einen Nutzen maximieren, weiß ich nicht. Mich erinnert dieser eindrucksvolle Umstand nur sofort an eine gänzlich andere Spezies, auf die selbiges zutrifft, und der Leser dürfte wissen, welche ich meine.
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Dienstag, 31. März 2009
Animalische Geister
Arvid Kaiser porträtiert Yales Bob Shiller, den mir erst vergangene Woche ein Bekannter als ganz großartigen Ökonomen anpries.
Shiller vertritt den Standpunkt, dass Vertrauen der Schlüssel dazu ist, die Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen. Die gemeinsam mit George Akerlof ausgearbeitete These liegt inzwischen als Buch vor, das für April auf meinem Lektüreplan steht. Die gegenwärtige Krise basiere auf einem blinden Vertrauen (u.a. auf steigende Immobilienpreise), das die Geschichte in dem dramatischen Ausmaß selten gesehen habe. An seine Stelle ist nun übergroßes allgemeines Mißtrauen getreten.
In seinem Aufsatz sehe ich allerdings keine befriedigende Antwort auf die Frage, warum ein aggressiveres Intervenieren von Regierung und Notenbank zwangsläufig das Vertrauen der Akteure wiederherstellen sollte. Es ist doch derzeit so, daß den einen die Konjunkturprogramme nicht groß genug sind, während die anderen aufgrund fiskalpolitischer Überdehnung ihr Vertrauen erst recht begraben. Wenn Shiller schon darauf hinweist, daß Veränderungen der animal spirits Keynes zufolge nicht immer immer (oder selten oder nie) logisch erklärt werden könnten, wie kann er dann mit Sicherheit sagen, dass unsere animalischen Geister auf eine bestimmte Politik positiv reagieren werden würden? Ist diese ökonomische Psycho-Logik nicht die Behauptung einer Wenn-Dann-Verknüpfung, die man gerade erst verworfen hatte?
Shiller vertritt den Standpunkt, dass Vertrauen der Schlüssel dazu ist, die Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen. Die gemeinsam mit George Akerlof ausgearbeitete These liegt inzwischen als Buch vor, das für April auf meinem Lektüreplan steht. Die gegenwärtige Krise basiere auf einem blinden Vertrauen (u.a. auf steigende Immobilienpreise), das die Geschichte in dem dramatischen Ausmaß selten gesehen habe. An seine Stelle ist nun übergroßes allgemeines Mißtrauen getreten.
In seinem Aufsatz sehe ich allerdings keine befriedigende Antwort auf die Frage, warum ein aggressiveres Intervenieren von Regierung und Notenbank zwangsläufig das Vertrauen der Akteure wiederherstellen sollte. Es ist doch derzeit so, daß den einen die Konjunkturprogramme nicht groß genug sind, während die anderen aufgrund fiskalpolitischer Überdehnung ihr Vertrauen erst recht begraben. Wenn Shiller schon darauf hinweist, daß Veränderungen der animal spirits Keynes zufolge nicht immer immer (oder selten oder nie) logisch erklärt werden könnten, wie kann er dann mit Sicherheit sagen, dass unsere animalischen Geister auf eine bestimmte Politik positiv reagieren werden würden? Ist diese ökonomische Psycho-Logik nicht die Behauptung einer Wenn-Dann-Verknüpfung, die man gerade erst verworfen hatte?
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Mittwoch, 25. März 2009
Der Geithner-Plan
Ökonomen diskutieren den Geithner-Plan.
Ich werde das Gefühl nicht los, daß Leute wie Krugman (genauso übrgens wie Stiglitz, der unter dem link allerdings nicht Stellung nimmt) in erster Linie deshalb gegen den Plan sind, weil sie nicht oder nicht genug von den Verantwortlichen nach ihrer Meinung gefragt worden sind.
Wolfgang Münchau lehnt den Geithner-Plan wohl aus anderen Gründen und mit deutlichen Worten ab. Geithner sei für Obama das, was "die Neokonservativen im Pentagon für Bush gewesen" seien. Besser wäre es, wenn alle Regierungen der G20 schnell eine staatliche Bad Bank schaffen würden.
Ich glaube auch nicht, daß der Geither-Plan funktionieren wird. Nicht Unsicherheit in Bezug auf die Wertpapiere ist das Problem, sondern Sicherheit. Sicherheit der privaten Investoren, daß die Banken vergiftet sind.
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Mittwoch, 4. März 2009
Warum bloggen Deutschlands Ökonomen nicht?
Während Juristen wie Udo Vetter täglich auf ihren Blogs jedes Urteil von öffentlichem Interesse bewerten, bleiben deutsche Ökonomen der Blogosphäre fern. In den USA bloggen Ökonomie-Professoren verschiedener Denkschulen wie Brad Delong, Paul Krugman, Greg Mankiw, Gary Becker, Tyler Cowen und viele viele andere vor sich hin und erzeugen täglich aufs neue eine intensive Debatte. Darüberhinaus legen sich Wirtschaftsjournalisten wie Noam Scheiber ins Zeug.
Hier kann ich mich bestenfalls zwischen der ordoliberalen Wirtschaftlichen Freiheit und dem sozialdemokratischen Urgestein Albrecht Müller hin- und herklicken. Tiefergehende Analysen eines Keynesianers findet man alle Jubeljahre mal auf einem Blog wie dem von Ulrich Fritsche. Sonst Pustekuchen.
Mögen die Ökonomen nicht erst durch die Finanzkrise blamiert worden sein, der Grund für ihre mangelnde Internetaffinität kann darin nicht liegen. Schließlich hören sie sich gerne reden. Wären Blogs von Peter Bofinger, Hans-Werner Sinn, Christoph Schmidt, Martin Hellwig, Rudolf Hickel, Wolfgang Franz usw. nicht mal ne schmucke Sache? Ok, viele von ihnen sind Dummschwätzer, manche sondern in Talkshows schon genügend ab, aber dennoch gibt es hier eine Lücke, die man wohl nicht alleine dadurch erklären kann, daß die USA eben einfach viel mehr Volkswirte im Angebot haben.
Was ist los in Schland?
Hier kann ich mich bestenfalls zwischen der ordoliberalen Wirtschaftlichen Freiheit und dem sozialdemokratischen Urgestein Albrecht Müller hin- und herklicken. Tiefergehende Analysen eines Keynesianers findet man alle Jubeljahre mal auf einem Blog wie dem von Ulrich Fritsche. Sonst Pustekuchen.
Mögen die Ökonomen nicht erst durch die Finanzkrise blamiert worden sein, der Grund für ihre mangelnde Internetaffinität kann darin nicht liegen. Schließlich hören sie sich gerne reden. Wären Blogs von Peter Bofinger, Hans-Werner Sinn, Christoph Schmidt, Martin Hellwig, Rudolf Hickel, Wolfgang Franz usw. nicht mal ne schmucke Sache? Ok, viele von ihnen sind Dummschwätzer, manche sondern in Talkshows schon genügend ab, aber dennoch gibt es hier eine Lücke, die man wohl nicht alleine dadurch erklären kann, daß die USA eben einfach viel mehr Volkswirte im Angebot haben.
Was ist los in Schland?
Samstag, 21. Februar 2009
Der neue Wirtschaftsweise
Professor Christoph Schmidt hat mir, kurz vor seinem Weggang zum RWI, 2002 in Heidelberg Ökonometrie beigebracht. Mag man mit seinen Positionen oft oder selten übereinstimmen, Schmidt galt bei den Studenten an der Ruprecht-Karls-Universität mitunter als der Beste. Für den Rat ist er eine echte Bereicherung.
Donnerstag, 8. Januar 2009
Der Volkswirt
Die Ökonomik ist heute eine fast rein mathematische Disziplin, weiß Philip Plickert, der zur selben Zeit Volkswirtschaftslehre studierte wie ich (also vor kurzem erst).
Mit entsprechenden Folgen. Ich habe einmal beobachtet, wie Studenten, die das mathematische Rüstzeug beherrschten, an einer Pflichtfachklausur scheiterten, bei der großen Wert darauf gelegt worden war, komplexe ökonomische Zusammenhänge verbal zu erklären. Nicht zuletzt deshalb dürften sich Ökonomen oftmals damals schwertun, im Alltag Stellung zu gerade vieldiskutierten wirtschaftlichen Themen zu beziehen, weil sie selbst gar nicht verstanden haben, was sie in Prüfungen analytisch eigentlich gezeigt haben.
In Heidelberg wurde kurz nachdem ich dort ins Hauptstudium kam der Lehrstuhl für Wirtschaftsgeschichte geschlossen. Von ökonomischer Dogmenhistorie dürfte wirklich nur ein Bruchteil der Absolventen meiner Generation etwas Ahnung haben. Aber die Fakultät in Heidelberg unterschied sich positiv von der benachbarten, rein formal orientierten in Mannheim, die freilich in Deutschland ein viel besseres Image besaß, durch den Lehrstuhl von Malte Faber, der Fächer wie "Politische Ökonomie" oder "Philosophische Grundlagen von Ökologie und Ökonomie" lehrte und im wahrsten Sinne auf die Probleme aufmerksam machte. Der Mann wurde 2004 emiritiert und mit ihm verschwand dieses Angebot.
Ob sich, experimentelle Wirtschaftsforschung hin oder her, in den nächsten Jahren besonders viel ändern wird, bleibt abzuwarten. An den deutschen Universitäten kann ich die von Plickert beschriebenen Signale der Veränderung so noch nicht erkennen.
Für die Ökonomen meiner und der etwas älteren Generation gelten in erster Linie unumstößliche Gesetze. Etwas hinterfragen können wir nicht oder nur so schwer. Da man den Ökonomen zur Zeit besonders gern vorwirft, die Finanzkrise nicht vorhergesehen zu haben, hat die Volkswirtschaftslehre einen Imageschaden erlitten, dessen Ausmaß wir wohl erst in einiger Zeit werden einschätzen können. Ein Grund dafür ist definitiv der Durchbruch der Neoklassik innerhalb der Disziplin und die entsprechende Ausbildung der Ökonomen in den letzten Jahrzehnten.
Mit entsprechenden Folgen. Ich habe einmal beobachtet, wie Studenten, die das mathematische Rüstzeug beherrschten, an einer Pflichtfachklausur scheiterten, bei der großen Wert darauf gelegt worden war, komplexe ökonomische Zusammenhänge verbal zu erklären. Nicht zuletzt deshalb dürften sich Ökonomen oftmals damals schwertun, im Alltag Stellung zu gerade vieldiskutierten wirtschaftlichen Themen zu beziehen, weil sie selbst gar nicht verstanden haben, was sie in Prüfungen analytisch eigentlich gezeigt haben.
In Heidelberg wurde kurz nachdem ich dort ins Hauptstudium kam der Lehrstuhl für Wirtschaftsgeschichte geschlossen. Von ökonomischer Dogmenhistorie dürfte wirklich nur ein Bruchteil der Absolventen meiner Generation etwas Ahnung haben. Aber die Fakultät in Heidelberg unterschied sich positiv von der benachbarten, rein formal orientierten in Mannheim, die freilich in Deutschland ein viel besseres Image besaß, durch den Lehrstuhl von Malte Faber, der Fächer wie "Politische Ökonomie" oder "Philosophische Grundlagen von Ökologie und Ökonomie" lehrte und im wahrsten Sinne auf die Probleme aufmerksam machte. Der Mann wurde 2004 emiritiert und mit ihm verschwand dieses Angebot.
Ob sich, experimentelle Wirtschaftsforschung hin oder her, in den nächsten Jahren besonders viel ändern wird, bleibt abzuwarten. An den deutschen Universitäten kann ich die von Plickert beschriebenen Signale der Veränderung so noch nicht erkennen.
Für die Ökonomen meiner und der etwas älteren Generation gelten in erster Linie unumstößliche Gesetze. Etwas hinterfragen können wir nicht oder nur so schwer. Da man den Ökonomen zur Zeit besonders gern vorwirft, die Finanzkrise nicht vorhergesehen zu haben, hat die Volkswirtschaftslehre einen Imageschaden erlitten, dessen Ausmaß wir wohl erst in einiger Zeit werden einschätzen können. Ein Grund dafür ist definitiv der Durchbruch der Neoklassik innerhalb der Disziplin und die entsprechende Ausbildung der Ökonomen in den letzten Jahrzehnten.
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