..ist das Renen, auf das ich bereits Ende vergangenen Jahres gesetzt habe im festen Glauben, daß es dazu nicht kommen werde. Zu erwarten war, daß das Kalkül des Parteiestablishments auf beiden Seiten aufgehen und die Wunschkandidaten Clinton und Romney sich durchsetzen würden. Die Wähler haben anders entschieden.
Gestern sah ich, wie Ben Stein auf Larry King Live mit einer falschen Begründung etwas Entscheidendes und Richtiges sagte: Das ist der beste Wahlkampf, den wir in einer sehr langen Zeit gehabt haben.
Nicht jedoch etwa deshalb, wie er und der amerikanische und europäische Journalistenchor meinen, weil hier die erste Frau, der erste Afro-Amerikaner und ein ehemaliger Kriegsgefangener Präsident werden könnten. Denn die weibliche Kandidatin war, damals schon ein großer Fehler, bereits im Weißen Haus. Und ich könnte nichts, absolut nichts Sensationelles an der Rückkehr der Clintons erkennen. Wohlgemerkt: Nicht sie kandidiert alleine, sondern sie bewirbt sich gemeinsam mit ihrem Zweckehepartner William Jefferson Clinton um die dritte Amtszeit. An Barack Obama ist nichts weniger interessant als seine Hautfarbe. Der Mädchenname seiner Mutter ist Dunham, in der Schule wurde er Barry genannt. Was ist dabei, wenn ein auf Hawaii aufgewachsener Barry Dunham mit einer weißen Mutter aus Kansas, der in Harvard Jura studiert hat, Präsident wird? Ok, eine 1930 in Mississippi geborne Schwarze mag ihren Augen nicht trauen, wenn sie auf dem Bildschirm beobachten darf, wie ein Afro-Amerikaner als Präsident vereidigt wird. Sie wird weinen und es nicht glauben. Aber das zeigt auch nur, wie Cristopher Hitchens Anfang des Jahres in einem Essay für das Wall Street Journal eindrucksvoll gezeigt hat, daß wir unsere Politik der Identitäten noch lange nicht überwunden haben. Vor diesem Hintergrund seien insbsondere europäische Medien nochmal gefragt: Was ist dennoch so besonders interessant an Ms. Clinton und Mr. Obama? Der Vowahlkampf war gefüllt mit Eigenarten der Kandidaten, die ein Präsident noch nicht hatte. Romney wäre der erste Mormone, Guiliani der erste Italo-Amerikaner im Weißen Haus gewesen. Und McCain wäre immerhin der bei Amtsantritt älteste Präsident in der US-Geschichte.
Im Unterschied zu Clintons Geschlecht und Obamas Hautfarbe spielen McCains Kriegserfahrungen tatsächlich eine Rolle, aber auch nur vor dem Hintergrund der gegenwärtigen politischen Situation.
Barack Obama ist der stärkste Kandidat der Demokratischen Partei seit Bobby Kennedy 1968. Sollten die Demokraten doch noch, um eine Familiendynastie zu schützen, diesen Mann fallenlassen, werden sie abermals eine als hundertprozentig sicher geglaubte Wahl vergeigen (hey, das ist nicht meine Partei). Obgleich sich soviele von der Obamamania anstecken lassen, bleiben die amerikanischen wie die europäischen Kommentatoren (als Beispiele seien hier Gabor Steingart und Torsten Krauel, US-Korrespondenten von Spiegel und Welt) ihm gegenüber blind und unfair. Sie verbreiten die Mär vom Populisten Obama, den die träumenden Amerikaner als Messiah und Heiler der von Bush und Cheney hinterlassenen Wunden feierten. Warum sollte jemand, weil er über rhetorische Begabung verfügt, keine politische Substanz hinter seinen großen Worten verbergen? Ja, Obama inspiriert. Gleichzeitig vertritt er ein mindestens so detailliertes Programm wie seine Rivalin. Bei ihm sind sehr konkrete und ausführliche Vorschläge zu Steuergesetzgebung, Bildung und Gesundheit zu finden. Verglichen mit einer windigen Gestalt wie John Kerry, einem Karrierelügner wie Bill Clinton, Ideologen wie Gore oder Dukakis, Idioten wie Carter oder McGovern, ist Obama der hervorstechend charismatische und integere Kandidat, der nicht nur Amerika in ein neues Zeitalter überführen, sondern als Präsidentschaftskandidat auch seine Partei grundlegend verändern und nach vorne helfen kann. Auf ihn mußten die Demokraten 40 Jahre lang warten.
Der letzte Aspekt trifft für die andere Seite in gleicher Weise auf McCain zu. Die Republikaner sind zu einer kleinen ideologischen Kirche verkommen. Aus den Bush-Cheney-Jahren ist ein Baptistenprediger wie Huckabee die logische Konsequenz. Die irrsinnige Debatte, ob McCain ein Konservativer sei, zeigt, in welch desaströsem Zustand sich die amerikanische Rechte befindet. Um die GOP wieder zu einer dynamischen Plattform zu entwickeln, ist ein Mann wie John McCain vonnöten. Mag seine Stimme gegen das Verbot von Waterboarding im Februar auch enttäuschend gewesen sein: Mit seiner Kandidatur nähert sich das Zeitalter der Legalisierung und Autorisierung von Folter seinem Ende. Er wird seine Partei wieder an ihre Prinzipien erinnern: Nicht nur Folter, auch christlicher Fundamentalismus und explodierende Staatsausgaben haben weder mit "republikanisch" noch mit "konservativ" irgendwas zu tun. Die richtige und überfällige Entscheidung, im Irak einen Regimewechsel zu erzwingen, hat u.a. mit der zum Scheitern verurteilten Rumsfeld-Strategie zu einem Desaster unvorstellbaren Ausmaßes geführt. McCain war von Beginn an gegen diese Strategie und ist der richtige Mann, um diesen Krieg zu beenden.
George W. Bush ist weiterhin gegen die vernunftwidrigen Tiraden vor allem der Europäer in Schutz zu nehmen. Doch ein Wahlkampf zwischen McCain und Obama ist (bzw. noch "wäre") ein viel größerer Schritt nach vorne, als man ihn sich je hätte wünschen könne. Dagegen wäre eine Präsidentschaft der Clintons ein gewaltiger Schritt zurück. Hoffen wir für Texas und Ohio daher auf Klarheit.
Sonntag, 2. März 2008
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