Letzten Sonntag Thementag auf 3sat: 1968. Ich bin nur dazu gekommen, die ganz gelungene Sendung Foyer extra über die Generation der 1968 Geborenen, in der leider auch so fürchterliche Figuren wie Serdan Somuncu auftreten, und die Talkrunde kulturzeit extra: Mythos 1968 mir anzusehen. Die Gäste der Runde: Axel Honneth, Götz Aly, Franziska Augstein, die Alys Buch im Februar in der Süddeutschen verrissen hatte, Klaus Theweleit und Andreas Veiel.
Augstein findet es schade, 1968 noch zu klein zum Rebellieren gewesen zu sein. Darauf Aly: "Das glaube ich. Daran leiden Sie noch heute."
Mir fällt sofort der Satz aus Elfriede Jelineks Theaterstück Ulrike Maria Stuart ein: "Ach wie gerne hätten wir die ideologischen Apparate selber noch erlebt."
Aly hat einen Punkt: Die Auseinandersetzung mit Auschwitz findet 68 praktisch bei den protestierenden Studenten nicht statt. Theweleit widerspricht ihm energisch, aber ihm gelingt es nicht, wirklich gegen Aly anzukommen. Er zitiert laufend Schriftstücke und Dokumentationen von SDS-Mitgliedern, die lange vor 1967/68 erschienen sind. Als Aly ihn darauf hinweist, meint er nur: "Deshalb wir das 68 doch nicht im Kopf gelöscht." Das haben sie tatsächlich nicht, sie haben nur in ihrer Wahrnehmung, wie Aly richtigerweise anmerkt, den Faschismus nach Washington verlegt. Dann benutzt Aly auch noch einen geschickten Trick an, indem er Klaus Theweleit von dessen Werk Männerphantasien vorschwärmt, was den recht hilflos aussehen lässt, und schließlich argumentiert er, daß die in diesem Buch beschriebenen Charakterstrukturen doch bis 68 überlebt hätten. Was Theweleit selbst am besten wissen müßte.
Es geht ein wenig hin und her über das das gesellschaftliche Klima und den Anlaß zum Protest in der Mitte der 60er Jahre. Veiel versucht sich zwischen Aly und Theweleit zu positionieren und beiden recht zu geben. Der Habermas-Jünger Honneth redet nur so ein bißchen vor sich hin und schafft es nach meiner Auffassung nicht, eine einzige hervorstechende Aussage zu machen. Alys Vergleich der Studentenbewegung mit den Nazis (Theweleit: "Es hat mit Sicherheit keine 33er gegeben") wird kaum thematisiert, Alys Buchtitel, der nun wirklich für sich spricht, nach meiner Erinnerung kein einziges Mal diskutiert. So steht der Historiker schließlich als argumentativer Sieger da. Und die 68er bei weiteren Angehörigen jüngerer Generationen als Nazis ohne Machtergreifung.
Samstag, 12. April 2008
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