Dienstag, 12. Mai 2009

Alles möglich nach dem 27. September




Vor einer Parlamentswahl wird unter Bobachtern die Beschreibung möglicher Szenarien populär. Ausgehend von der Feststellung, daß nie in der Geschichte dieser Republik Parteien so perfekt füreinander geschaffen waren, wie derzeit SPD, Grüne und der SED-Nachfolger, sieht Zettel für die nächste Legislaturperiode zwei Möglichkeiten:


Sollte, was zu hoffen ist, nach dem 27. September eine schwarzgelbe
Regierung gebildet werden können, dann werden diese drei Linksparteien vier
Jahre Zeit haben, sich in der gemeinsamen Opposition so aneinander zu gewöhnen,
daß es 2013 einen Wahlkampf zwischen einem Linksbündnis auf der einen und dem
bürgerlichen Lager, wie man es so nennt, auf der anderen Seite geben wird. Mit
vermutlich Klaus Wowereit als dem Kanzlerkandidaten der Vereinigten Linken;
vielleicht auch mit der Kanzlerkandidatin Nahles.


Selbstverständlich ist dies sehr gut möglich. Aber wie gut sich die Oppositionsparteien unter Schwarz-Gelb aneinander gewöhnen würden, hängt sehr von den Regierungsinhalten, personellen Veränderungen innerhalb der Parteien, der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung und unvorsehbaren Ereignissen ab. Die Stimmung in den Parteien und die Popularität der politischen Lager kann sich hierzulande ruckartig verändern. Gewiß, selbst nach der 1994 mit Hilfe der PDS gebildeteten Minderheitenregierung Höppner in Sachsen-Anhalt dürfte so ziemlich allen eine Koalition aus SPD und Ex-SED absolut unvorstellbar gewesen sein. Auf recht unspektakuläre Weise kam es in Mecklenburg-Vorpommern zur ersten rot-roten Koalition. Aber gerade weil Unvorstellbares so rasch selbstverständlich werden kann, ist es längst nicht sicher, daß eine Regierungskoalition mit der "Linken" im Bund nur eine Frage der Zeit ist. Wer hätte 1998 nicht gedacht, daß die PDS 2002 an der 5%-Hürde scheitern würde. Wer kann heute sicher sagen, daß es 2013 noch reichen wird?


Und aus einem Sieg von Schwarz-Gelb 2009 folgt keineswegs zwingend ein Kanzlerkandidat Wowereit oder eine Kandidatin Nahles 2013.


Verfehlt allerdings Schwarzgelb die Regierungsmehrheit, dann gehen wir
unruhigen Zeiten entgegen. So zerstritten, wie die Große Koalition inzwischen
ist, kann man sich ein gemeinsames Weitermachen nur schwer vorstellen; zumal mit
einer SPD, die nicht nur ungleich weiter links steht als 2005, sondern die noch
dazu deutlich weniger Mandate haben wird als die Union. Die also die Rolle des
Juniorpartners spielen müßte, statt, wie Müntefering es 2005 formulierte, "auf
gleicher Augenhöhe" zu sein. Da die FDP im Begriff zu sein scheint, die
Ampelkoalition ebenso auszuschließen, wie die Grünen am Wochenende Jamaika
ausgeschlossen haben, wird es gleichwohl dann wohl zu einer Fortsetzung der
Großen Koalition kommen müssen. Aber eine Koalition muß ja nicht vier Jahre
halten.



Richtig. Und wieder läßt sich sagen, daß auch in diesem Fall andere Szenarien vorstellbar sind. Noch Anfang 2005 konnte man mit gutem Recht behaupten, daß in einem Bundestagswahlkampf 2006 Merkel/Westerwelle gegen Schröder /Fischer eine schlechte Figur machen würden und die rot-grüne Ära vermutlich bis 2010 dauern werde. Nach der NRW-Niederlage im Mai 2005 sah Schröder für sich keine Mehrheiten mehr und die Medien transportierten den gefühlten Wunsch nach Neuwahlen und einem Wechsel. Nach dem unerwarteten Wahlergebnis wurden alle noch so abenteuerlichen Szenarien für möglich gehalten. Das sollte man in diesem Jahr von vornherein tun.

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